Surfen gefährdet den Job

Die private Nutzung des Internets und der E-Mail-Kommunikation am Arbeitsplatz kann ein Kündigungsgrund sein. Gewerkschaften fordern klare Regelungen

Europäische Arbeitnehmer nutzen die Segnungen, die E-Mail und Internet bieten, auch gerne und häufig von ihrem Arbeitsplatz aus. Doch der kurze private Gruß oder das nette Anschreiben vom dienstlichen Rechner per E-Mail kann schnell zu Ärger mit dem Chef führen. Denn in vielen Firmen oder Verwaltungen gibt es keine eindeutigen Vereinbarungen, ob und in welchem Umfang das Surfen oder Mailen erlaubt, geduldet oder gar verboten ist.

„Immer häufiger werden Arbeitnehmer europaweit disziplinarisch mit Abmahnungen oder Kündigungsandrohungen belangt, weil sie im Internet gesurft haben“, hat Gerhard Rohde vom internationalen Gewerkschaftsbund UNI (Union Network International) beobachtet. Für Betriebsräte und Beschäftigte sei es aber „besonders wichtig“, auch am Arbeitsplatz auf das Internet oder E-Mail-Dienste zugreifen zu können, weil das heute der „zeitgemäße Weg der Informationsvermittlung“ sei. Die Regel ist der Zugang zum Netz aber nicht: „Es gibt immer wieder Fälle, da sperren Unternehmen sogar den Zugang zu externen Seiten von Betriebsräten“, so Rohde.

Um Arbeitnehmerrechte auch im Online-Bereich zu sichern, hat UNI den Verhaltenskodex „Onlinerechte am Arbeitsplatz“ auf den Weg gebracht. Neben dem Recht von Angestellten, elektronische Einrichtungen des Unternehmens für „nicht geschäftliche Zwecke“ zu nutzen, formuliert der Kodex unter anderem das Verbot für Unternehmen, „heimlich“ zu überwachen und zu kontrollieren. Wie viele Unternehmen sich dieser Richtlinie bislang unterworfen haben, lässt sich, so Rohde, „nicht genau beziffern“.

Eindeutigere Zahlen hat im vergangenen Jahr eine europaweite Online-Befragung der Internet-Jobbörse Monster ergeben: Immerhin fast 88 Prozent der europäischen Beschäftigten mailen im Durchschnitt privat am Arbeitsplatz, bilanziert die Untersuchung, an der sich fast 10.000 Beschäftigte beteiligt hatten.

In Deutschland liegt der Anteil der Angestellten, die private E-Mails versenden, mit rund 75 Prozent aber deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Ein Grund für diese Vorsicht: Ein gutes Viertel der deutschen Arbeitnehmer möchte nicht das Risiko eingehen, den Job deshalb zu verlieren.

Nicht ganz zu Unrecht, weiß Karl-Heinz Brandl von der Kampagne „Onlinerechte für Alle“ der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di: „Ich habe in Betrieben zunehmend mit Beschäftigten zu tun, denen wegen privater Internetnutzung eine Kündigung auf den Tisch geflattert ist.“ Das Problem: Bislang gebe es in Deutschland keine verbindliche Rechtslage. Ein Drittel der Firmen lasse die private Internetnutzung „augenzwinkernd zu“, bei einem weiteren Drittel der Betriebe gebe es „verbindliche und transparente Vereinbarungen“ zwischen Betriebsräten und der Geschäftsführung.

Die verbleibenden Firmen würden die private Internetnutzung generell verbieten. Wer trotzdem im Büro seine privaten Mails abruft, muss mit dem Schlimmsten rechnen: „Manche Betriebe“, sagt Brandl, „machen daraus ein Dienstvergehen, um sich einfacher von Beschäftigten zu trennen“. VOLKER ENGELS

Weitere Informationen: www.union- network.org/UNIsite/Sectors/IBITS/ICT/online.htm und www.onlinerechte-fuer-beschaeftigte.de