„Das lehne ich schlicht ab“

PDS-Wissenschaftsexperte Benjamin Hoff wendet sich nicht nur gegen generelle Studiengebühren, wie sie der Regierende Bürgermeister will. Er kämpft auch gegen die von PDS-Senator Thomas Flierl propagierten Studienkonten

„Die Koalition hält an der Studiengebührenfreiheit fest“

Die Fronten in der Koalition scheinen klar: Hier die in der Frage der Studiengebühren gespaltete SPD. Dort die ablehnende PDS, die auf den Koalitionsvertrag pocht, der Studiengebühren ausschließt. Doch die Lage ist komplizierter: Auch die PDS ist sich uneins. Denn für ihren wissenschaftspolitischen Sprecher Benjamin Hoff sind auch die von PDS-Senator Thomas Flierl entworfenen Studienkonten Studiengebühren. „Und das lehne ich schlicht ab“, sagte Hoff der taz.

Flierl hatte im Sommer vorgeschlagen, ein so genanntes Credit-Point-System einzuführen. Demnach soll jeder Student zu Beginn seines Studiums ein Punktekonto erhalten, für das er Seminare und Vorlesungen besuchen kann. Hat er sein Konto verbraucht, ohne sein Studium beendet zu haben, und ist die Regelstudienzeit um vier Semester überschritten, müsste er Punkte nachkaufen – für 500 Euro pro Semester. Man gehe von 7 Jahren gebührenfreiem Studium aus, hieß es aus der Wissenschaftsverwaltung des Senats.

Bei den Studenten rief das Protest hervor: „Ökonomisierung der Lehre“ sah der Allgemeine Studierenden-Ausschuss der Freien Universität. Doch nicht nur die Studenten protestierten. Flierls Staatssekretär Peer Pasternack mochte Studiengebühren nicht mittragen und trat zurück.

Mit seinem Abgang ist der Protest bei der PDS aber noch nicht zu Ende. Wissenschaftspolitiker Hoff will weiter gegen Flierls Modell kämpfen und die Fraktion dazu hinter sich bringen. Der entscheidende Satz steht für ihn im SPD/PDS-Koalitionsvertrag: „Die Koalition hält an der im Berliner Hochschulgesetz festgeschriebenen Studiengebührenfreiheit fest.“

In der PDS-Fraktion ist das Thema noch nicht ausdiskutiert. Vor zwei Wochen stellte Flierl sein Modell dort vor, eine Entscheidung fiel nicht „Es gibt viele Für und Wider“, sagte Fraktionssprecherin Kathi Seefeld. „Aber spätestens Anfang des nächsten Jahres wird die Fraktion eine Position festklopfen.“

Das muss sie dann auch tun. Denn im Haushaltsentwurf für 2004/2005, derzeit wegen des Verfassungsgerichtsurteils auf Eis, sind bereits Einnahmen aus den Studienkonten eingeplant. Die Finanzverwaltung hofft, den Etat im Januar durch das Parlament zu bekommen.

Für Christian Gaebler, parlamentarischer Geschäftsführer und Wissenschaftsexperte beim Koalitionspartner SPD, ist die im Etatentwurf vorgesehehe Einsparsumme für 2005 nicht mehr als eine „Hausnummer“. Flierl solle dazu erst mal ein genaueres Konzept vorlegen. Die Fraktion werde voraussichtlich bei ihrer Klausurtagung Ende Januar über das Thema sprechen.

Gaebler gehört in der SPD zu denen, die sich gegen Gebühren für ein Erststudium wehren und damit im Einklang mit Parteibeschlüssen auf Landes- und Bundesebene sind. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Fraktionschef Michael Müller hingegen sprachen sich für Studiengebühren aus.

Wie in der Koalition gehen auch in der Opposition die Meinungen zu den Gebühren weit auseinander. Die FDP wünscht sie sich – ihr Fraktionschef Martin Lindner beklatschte am Donnerstag im Parlament Wowereits Pro-Gebühren-Plädoyer.

Die Grünen hingegen lehnen es ab. Daran konnte auch der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Dieter Vesper nichts ändern, der sich jüngst als Gastredner bei ihrem Parteitag für Studiengebühren „zur Finanzierung von attraktiven Studienangeboten“ aussprach.

Gewissermaßen in der Mitte steht die CDU. Für ihre wissenschaftspolitische Sprecherin Monika Grütters wären Studiengebühren nach Ende eines viersemestrigen Grundstudiums „keine Untat, wenn sie sozialverträglich und leistungsbezogen sind“.

STEFAN ALBERTI