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: Jupp-Connection und Fettwanst-Coup

Hinter der europäischen Krise des deutschen Fußballs steckt ein ganz abgefeimter Drahtzieher: der FC Bayern München

Großes Händereiben beim gemeinsamen Fußballgucken im Hauptquartier der Münchner Bayern in der Säbener Straße, klingende Sektgläser, flüchtende Sekretärinnen. Es ist vollbracht, Schalke und Dortmund draußen, der bundesligafreie Uefa-Cup einmal mehr Wirklichkeit geworden. Der Generalplan des FC Bayern zur fortschreitenden Eliminierung der deutschen Fußballkonkurrenz funktioniert wie geschmiert.

Es ist natürlich kein Zufall, was da auf den europäischen Fußballplätzen stattfindet. Ein Rädchen fügt sich langsam ins andere, und was oft wie pure Wirrnis daherkommt, etwa die Vorstöße von Vizepräsident Karl-Heinz Rummenigge in den internationalen Fußballgremien, folgt einer ausgeklügelten Strategie. Alles begann Anfang der 90er-Jahre mit der Schein-Entlassung von Jupp Heynckes. In Wahrheit wurde der Trainer als Undercover-Coach in die Welt geschickt, um zunächst einmal die ausländische Konkurrenz zu unterminieren. Das ging schief, weil damals noch mangelhaftes Know-how zu prekären Fehleinschätzungen des Potenzials von Teams wie Teneriffa oder Bilbao führte, und man nach der fälligen Kurskorrektur bei Real Madrid frühzeitig Lunte roch und das Münchner U-Boot trotz Europacupgewinns in hohem Bogen feuerte.

Erst jetzt mit der Konzentration auf die nationale Dimension und Schalke 04 trägt die „Jupp-Connection“, wie sie Insider nennen, endlich Früchte. Die Gelsenkirchener dürften auf Jahre hinaus als Rivale erledigt sein, vor allem, wenn sie merken, dass jenes Unternehmen, dem sie ihre Arena verpfändet haben, in Wahrheit in Kitzbühel residiert. Der Boden für den Schalke-Coup war in genialer Manier vom Berliner Bayern-Agenten Dieter Hoeneß geebnet worden. Die Huub-Stevens-Abwerbung, Codename „Flying Dutchman“, schlug sogar zwei Fliegen mit einer Klappe – auch Hertha kann sich den Anspruch, das Bayern des Nordostens zu werden, für die nächsten Jahrzehnte abschminken. Logische Fortsetzung einer Strategie, mit der im vergangenen Jahr schon – „Operation Fettwanst“ – Calmund und Leverkusen ein für alle Mal erledigt worden waren, auch wenn sie das noch nicht wissen. Noch halten sie Klaus Augenthaler für einen der Ihren.

Die internationalen Aufgaben des Jupp Heynckes wurden inzwischen nahtlos von Lothar Matthäus übernommen, der nach seinem fingierten Rechtsstreit mit den Bayern zunächst Österreich heimsuchte und momentan flächendeckend den Balkan ruiniert. Darüber hinaus bewährt sich das erfolgreiche Agitieren der Münchner für eine abgespeckte Champions League. Die Abschaffung der zweiten Runde beraubt zum Beispiel den VfB Stuttgart der Möglichkeit, sich mit sechs weiteren Spielen ein fettes Finanzpolster zuzulegen und womöglich seine jungen Wilden zu halten. Dortmund hatte da letzte Saison noch ganz anders zuschlagen können. Nicht auszudenken, wie viele verletzte Spieler der BVB noch eingekauft hätte, wäre gegen Real das Viertelfinale erreicht worden. Stattdessen können die Bayern nun beruhigt zusehen, wie die Schwaben aus dem Achtelfinale fliegen und das große Ziel der dann längst ausgeschiedenen Münchner wieder einen Schritt näher rückt: die Reduzierung der festen deutschen Champions-League-Plätze auf einen einzigen. Den dann natürlich Bayern München für sich gepachtet hat.

Mit solchermaßen gefestigter Dominanz im deutschen Fußball kann das nächste große Ziel in Angriff genommen werden: die Weltmeisterschaft. Der erste Schritt ist mit der Forderung an die Fifa, das Gehalt der Nationalspieler zu übernehmen, schon getan. Natürlich weiß selbst Rummenigge, dass Fifa-Blatter niemals auch nur einen Cent rausrücken wird, weshalb im Endeffekt die nationalen Verbände für ihre Spieler berappen müssen. Da die aber in weiten Teilen der Welt bettelarm sind, fallen die lästigen Teams aus Afrika und Südamerika schon mal weg. Bleibt das europäische Problem. Da dürfte es für den politischen Flügel des FC Bayern, Edmund Stoiber, nach Regierungsübernahme keine Schwierigkeit sein, den EU-Stabilitätspakt zusammen mit Frankreich dahin gehend zu modifizieren, dass die Nationalteams von Portugal, Spanien und Italien aus haushaltspolitischen Gründen aufgelöst werden.

England wird in die alte „splendid isolation“ gedrängt, die Niederlande bekommen Einreiseverbot, womit die Vizeweltmeisterschaft 2006 schon mal so gut wie sicher wäre. Gewonnen natürlich von lauter Bayern-Spielern. Denn wo die Herren Kuranyi, Hinkel, Lahm, Hildebrand, Friedrich, Rahn oder Lauth bis dahin gelandet sind, ist ja wohl keine Frage. Im Münchner Max-Planck-Institut für Psychologie werden Gerüchten zufolge schon kräftig Ausbaupläne gewälzt.

MATTI LIESKE