Feigling, Lügner und Verhinderer des Chaos

Der heimliche Blitzbesuch von US-Präsident Bush in Bagdad löst bei den Menschen gemischte Reaktionen aus

BAGDAD taz ■ Es war der erste Besuch eines US-Präsidenten im Irak. Doch die Visite von George W. Bush am Donnerstagabend in Bagdad hätte heimlicher kaum sein können. Keine verschärften Straßensperren und Patrouillenflüge der US-Helikopter. Im Schutz der Dunkelheit flog die Air Force 1 ein und wieder aus. Viele Bagdader erfuhren die Nachricht erst gestern Morgen.

„Bush ist ein Lügner und ein Feigling“, sagt Samir al-Adhamiya. In dem Teehaus bei der zentralen Moschee im Stadtteil Adhamiya hat man nur Hohn übrig für Bush und die Amerikaner. „Wenn er Mumm gehabt hätte, wäre Bush hier nach Adhamiya gekommen“, fährt er fort. „Wir hätten ihm einen gebührenden Empfang bereitet“, fällt ihm Nihat Serman ins Wort. „Aber den hätte er nicht überlebt.“

Ein Exoffizier der Luftwaffe will auf Fernsehbildern erkannt haben, dass Bush gar nicht in Bagdad war. Das vorwiegend von Sunniten bewohnte Quartier im nördlichen Zentrum der Stadt gilt als Hochburg der Anhänger des gestürzten Regimes von Saddam Hussein. Auch jetzt macht man kein Geheimnis aus den Sympathien für die Untergrundkämpfer. „Wir werden den Irak für die Amerikaner in ein Grab verwandeln“, sagt der Offizier.

Lobpreisungen auf Saddam sind unter den schiitischen Demonstrationen am Firdawsi-Platz vor dem Palestine Hotel keine zu hören. Etwa 200 Anhänger der „Neuen Demokratischen Partei“ fordern mehr Sicherheit. „Willkommen, Präsident Bush“, sagt der Parteichef. „Wir brauchen die Amerikaner, sonst versinken wir im Chaos.“ Das meint auch Adnan Hassan, der vor einer Woche bei einem Anschlag der Untergrundkämpfer in Bani Saad seinen Sohn verlor. Dass sich durch den Bush-Besuch die Sicherheitslage bessert, glaubt keiner. „Das können nur wir selbst richten“, sagt der Vater. Dazu brauche es wieder eine irakische Armee. INGA ROGG