Ein Kopf allein ist nicht das Problem

taz-Umfrage in der Kulturszene: Staatsrätin Elisabeth Motschmann ist nur die Spitze einer fehlkonstruierten Kulturverwaltung. Aber die Begeisterung für sie hält sich in Grenzen

Bremen taz ■ Wie man sich irren kann. Noch am Dienstag hatte Kultursenator Peter Gloystein (CDU) verkündet, seine Staatsrätin sei in der Kulturszene wegen ihrer Kompetenz und ihres Engagements geschätzt.Die taz hat nach Belegen dafür gesucht und legte der Kulturszene zwei Fragen vor. Der Wortlaut :

1. Halten Sie die Arbeit der Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmann für kompetent und engagiert? Und 2. Sind Ihnen Künstler und Kulturbetriebe bekannt, die Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmanns Arbeit für kompetent und engagiert halten?

Dramaturg Ulrich Fuchs legt Wert darauf, dass sein Statement keine Stellungnahme des Kulturhauptstadtteams sei. Zur ersten Frage schreibt er: „Nach meinen Erfahrungen ist Frau Motschmann eine sehr engagierte Kulturpolitikerin. Auch wenn ich einige ihrer gesellschaftspolitischen Auffassungen nicht teile, stelle ich in Gesprächen in vielen kulturpolitischen Grundsatzfragen oft Übereinstimmung fest, vor allem was den Stellenwert von Kunst und Kultur in Bremen anbelangt. Politische Kompetenz – wie definiert man das?“ Er persönlich habe „Frau Motschmann als loyal und integer erlebt; sie verfügt über eine politisch eher seltene Kompetenz: sie kann zuhören und ist beratungsoffen.“ Frage zwei könne und wolle er nicht beantworten.

Oft heißt es hier allerdings schlicht: „Nein“. So antwortet auch Eva Schmidt, bis vor kurzem Leiterin der Galerie für Aktuelle Kunst, heute Direktorin des Museums für Gegenwartskunst in Siegen. Auf Frage eins antwortet sie, Motschmann sei „immer sehr rührig gewesen. Von weiter weg betrachtet, frage ich mich oft, was das Problem der Bremer Kulturpolitik ist. Ich glaube es gibt da einen fundamentalen Mangel an Akzeptanz. Wir mussten immer wieder von Null anfangen, von neuem erklären, was die GAK ist und wozu es sie gibt. Das liegt nicht an einer Person allein.“

Ein „Nein“ auch vom Kino 46 zur zweiten Frage. Und zur ersten: „Was die Frage nach der Kompetenz betrifft, so hatten wir leider nicht ausreichend Gelegenheit, dies zu beurteilen; bezogen auf das Engagement haben wir den Eindruck, dass Frau Motschmann sehr einsatzfreudig und umtriebig ist.“

Schroff die Antwort von Brigitte Schulte-Hofkrüger vom Kulturrat und der Projektgruppe Neue Musik. Ad 1 sagt sie: „Nein. An die Kultureinrichtungen werden zurecht hohe Qualitätsanforderungen gestellt. Denselben hohen Qualitätsanforderungen müssen auch Kulturpolitiker und Staatsräte genügen.“ Und ad 2: „Nein.“

Natürlich ist die Personalie Motschmann nur ein Symptom: Sie ist der Kopf einer fehlkonstruierten Kulturverwaltung. Darauf weist auch der Direktor der Kunsthalle, Wulf Herzogenrath hin: „Die Frage der Betreuung der Kultur durch die Senatsverwaltung ist mittlerweile brisant wichtig“, antwortet er auf die Frage nach Motschmanns Kompetenz und Engagement. „Es geht nicht so sehr um eine Person, sondern um die Frage der INHALTE einer Neustrukturierung. Controlling sollte nur innerhalb der inhaltlich kompetenten Verwaltung sein! [...] Die Frage der Kulturhauptstadt-Bewerbung ist eine Sache, eine andere die Grundversorgung. Die positive Stimmung für Kultur in Bremen bedarf kompetenter Unterfütterung in der Verwaltung. Kultur ist eine der wenigen, aber immer virulenteren Überlebensstrategien für Bremen!“

Renate Heitmann, Geschäftsführerin der Bremer Shakespeare Company bündelt die Fragen: Die Bremer Kultureinrichtungen müssen sich seit mindestens fünf Jahren mit einer zerfallenden Kulturverwaltung und dessen nicht weniger schwachen politischen Führung zurecht finden: 4 Kultursenatoren in 5 Jahren, das ist einmalig und eine echte bremische Lösung in der Gemengelage der großen Koalition. Die Fehlleistungen der kmb und die fehlende Leitung der Kulturbehörde sind das Ergebnis einer nicht ausgeführten administrativen und politischen Arbeit. Wer hat das zu verantworten? Die vier Senatoren und die Staatsrätin, die in der Kontinuität für die Leitung verantwortlich ist. Ich kenne keine Kultureinrichtung, die mit der derzeitigen Situation zufrieden ist.

Thomas Deecke, Direktor Neues Museums Weserburg: „1.): Engagiert ja! Aber sicherlich nicht die richtige Besetzung, eine nicht vor ihr, sondern von Frau Senatorin Bringfriede Kahrs zerstörte und seitdem frustrierte Kulturbehörde wieder aufzubauen und zu motivieren, noch dazu unter vier schnell wechselnden Kultursenatoren, denen es auch nicht gelungen ist, beziehungsweise, die die Problematik einer unmotivierten und unstrukturierten Kulturbehörde nicht erkannt haben, oder sie durch die Schaftelhuberei der kmb ersetzen wollten. Schlägt man womöglich den Sack und meint den (die) Esel? 2.) kann und will ich nicht beantworten.“

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