Sicherheitspaket noch nicht postfertig

Bei ihrem Treffen in Lübeck wollen die Länderminister Otto Schilys Zentralisierungspläne für die Kriminalpolizei diskutieren. Eine Mehrheit für Schilys Wunschliste ist nicht zu erwarten. Auch der grüne Koalitionspartner in Berlin spielt nicht mit

AUS BERLIN ASTRID GEISLER

Wenn die Innenminister ab heute in Lübeck konferieren, erwartet sie auf der Tagesordnung ein Thema, dem Otto Schilys ganzer Ehrgeiz gilt. Der Bundesinnenminister will tragende Säulen der deutschen „Sicherheitsarchitektur“ versetzen. Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus hält Schily eine Zentralisierung der Behörden für unabdingbar – seine Länderkollegen allerdings nicht oder zumindest nicht im selben Ausmaß.

Im Zentrum der Diskussion steht die Frage, ob das Bundeskriminalamt (BKA) mehr Befugnisse benötigt. Schily will das Amt zu einer Bundespolizei nach US-Vorbild aufwerten und mit einem Weisungsrecht gegenüber den Landeskriminalämtern ausstatten.

Dagegen wehren sich nicht nur die Minister der unionsregierten Länder, sondern auch Sozialdemokraten. Zentralistische Großbehörden brächten nicht automatisch mehr Sicherheit, argumentiert beispielsweise Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Buß (SPD), derzeit auch Chef der Innenministerkonferenz. Kein Wunder: Die Polizei ist laut Grundgesetz traditionell Ländersache. Diese Kompetenz soll der Bund nicht antasten.

Für Streit sorgt Schilys jüngstes Sicherheitspaket aber auch innerhalb der Bundesregierung. Denn einer Grundgesetzänderung für die BKA-Reform wollen auch die Grünen nicht zustimmen. „Das haben wir gegenüber dem Koalitionspartner klar zum Ausdruck gebracht“, verkündete der Grünen-Innenpolitiker Christian Ströbele nach der jüngsten Sondierungsrunde in der Berliner Föderalismuskommission.

Das Veto der Grünen gilt auch einer weiteren Schily-Idee: Der Minister will dem BKA erlauben, was bisher nur die Länderpolizei darf – präventiv gegen Islamisten ermitteln, selbst wenn kein eindeutiger Anfangsverdacht vorliegt. „Niemand kann mir erklären, warum ein einzelner Landespolizist mehr präventive Befugnisse zur Terrorabwehr hat als das BKA“, argumentiert Innenminister Schily.

Den Grünen aber graut bei der Vorstellung, BKA-Fahnder könnten künftig ähnlich wie Geheimdienstler auf eigene Faust präventiv observieren oder Telefone überwachen. Grüne Stimmen werde es für solche „Vorfeldermittlungen“ nicht geben, versichert Ströbele.

Wie Schily das Projekt ohne den Koalitionspartner durchsetzen will, ist unklar. Zwar zeigt sich die Union an diesem Punkt kompromissbereit: Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) will Präventivermittlungen des BKA zustimmen, solange es bei einem Ausnahmerecht für den Bereich des internationalen Terrorismus bleibt. Dass Schily jedoch auf eine rot-schwarze Bundestagsmehrheit gegen den grünen Koalitionspartner setzt, scheint wenig realistisch.

Angesichts des Hickhacks erwarten Insider in Lübeck keine weitreichenden Beschlüsse zur „Sicherheitsarchitektur“. Stattdessen dürfte Schilys Wunschliste demnächst erneut auf einem anderen Verhandlungstisch auftauchen – dem der Föderalismuskommission.