Koalitionspartner der USA im Visier

Die Angriffe auf Japaner und Spanier im Irak zeigen, dass die Guerilla die Bush-Administration isolieren will. Die Regierungen in Madrid und Tokio haben für ihre Politik keine Mehrheit in der Bevölkerung. Aber auch die Zahl der irakischen Opfer steigt

VON KARIM EL-GAWHARY

Die neusten Angriffe der Guerilla im Irak haben System. Neben Attacken auf US-Truppen zielen die letzten Operationen des militanten Widerstands gegen die Besatzung jetzt zunehmend auf die Koalitionspartner der Amerikaner. Erstmals wurden am Wochenende bei einem Anschlag im Irak in der Nähe der zentralirakischen Stadt Tikrit zwei japanische Diplomaten erschossen. Kurz zuvor kamen sieben Mitarbeiter des spanischen Geheimdienstes in Suwairis 45 Kilometer südlich von Bagdad ums Leben, als ihre beiden Fahrzeuge in einen Hinterhalt gerieten. Sie waren auf dem Rückweg von einer unbekannten Aufklärungsmission im südirakischen Hilla.

Außer der Tatsache, dass die Guerilla, im Gegensatz zu den ausländische Truppen, über eine gute Aufklärung verfügt, wird eine neue Strategie deutlich: Die jüngsten Operationen zielen auf die schwächsten Glieder in der Besatzungskette. Die Regierungen in Tokio und Madrid zählen zwar zu Washingtons Partnern im Irak, aber in beiden Ländern stößt das dortige Engagement auf heftigen Widerspruch. In Japan wird derzeit sehr kontrovers über die Entsendung von Truppen debattiert – einschließlich der Abschaffung des berühmten Artikel 9 der Verfassung, der Japan jegliche Kriegsführung im Ausland verbietet.

Japan will folglich zunächst keine Kampftruppen in den Irak schicken, sondern nur Soldaten, deren Aufgaben auf humanitäre Hilfe und Aufbauarbeiten begrenzt sein sollen. Noch am Freitag hatte das Verteidigungsministerium in Tokio aufgrund des enormen innenpolitischen Drucks erklärt, dass die Lage in Südirak, wo die japanischen Einheiten möglicherweise eingesetzt werden, „ziemlich stabil“ sei. Die Mehrheit der Japaner ist gegen eine militärische Verstrickung ihres Landes im Irak. Allerdings findet eine solcher Schritt immer mehr Zuspruch bei der jüngeren Generation, die keine direkten Erfahrungen mit dem Zweiten Weltkrieg gemacht hat.

Auch die spanische Regierung sieht sich wegen der Entsendung von 1.300 Soldaten in den Irak der Kritik ausgesetzt. Eine Mehrheit der Spanier ist gegen die Irakpolitik der Regierung von Ministerpräsident José María Aznar. „Spanien bezahlt einen hohen Preis“, kommentierte die linksgerichtete Zeitung El País in ihrer Sonntagsausgabe. Und El Mundo schrieb, der Vorfall verlange Erklärung und Nachdenken. Ähnliche Debatten liefen vor zwei Wochen auch in Italien, nachdem bei einem Anschlag auf das italienische Hauptquartier in der südirakischen Stadt Nassriya 17 Carabinieri ums Leben gekommen sind.

Mit dem operativen Schwenk auf die amerikanischen Verbündeten soll Washington international isoliert werden. Länder, die bereits Truppen entsandt haben, sollen ihre Position überdenken, andere sollen erst gar nicht in die Versuchung gebracht werden. Auch die Anschläge auf internationale Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz vor einem Monat dienen diesem Ziel. Sie sollen sich aus dem Irak zurückziehen. Damit hofft die Guerilla offenbar für klare Fronten zu sorgen. Die Iraker, die dabei im den Weg stehen, werden als Kollaborateure zum Abschuss freigegeben. So haben sich die Anschläge auf irakische Polizisten, Politiker und Richter in den vergangenen zwei Wochen verdoppelt.

Unterdessen versuchte der Oberbefehlshaber der US-Truppen im Irak ein optimistisches Bild zu vermitteln. Er habe eine Abnahme feindlicher Operationen gegen seine Soldaten festgestellt, erklärte Gerneral Richardo Sanchez am Wochenende in Bagdad. Nach der offiziellen US-Statistik ist die Zahl der Anschläge von 35 – und an manchen Tagen über 50 – nun auf durchschnittlich 22 zurückgegangen.