Strompreise auf Monopolniveau

Zum neuen Jahr erhöhen vor allem die großen Energiekonzerne ihre Preise – um sich für die Auseinandersetzung mit der geplanten Regulierungsbehörde zu wappnen

BERLIN taz ■ Die Berliner Bewag erhöht die Strompreise für ihre Großkunden um bis zu 30 Prozent, der Ökostromanbieter Lichtblick verlangt ab Januar 7 Prozent mehr von den Privatverbrauchern und auch bei RWE und E.ON wird der Strom im neuen Jahr teurer. „Inzwischen ist der Strompreis für Privathaushalte wieder so hoch wie zu Monopolzeiten“, sagt Aribert Peters vom Bundesverband der Energieverbraucher. „In Deutschland ist eine Stromrechnung doppelt so hoch wie in einem europäischen Durchschnittshaushalt.“ So könne keine Rede davon sein, dass der seit 1998 liberalisierte Strommarkt sich zu Gunsten der Verbraucher auswirke.

Begründungen für die steigenden Preise finden sich viele in den Pressemitteilungen der Unternehmen und den Briefen an ihre Kunden: Gestiegene Kosten für Brennstoff etwa, höhere Großhandelspreise für zugekauften Strom, wachsende Abgaben an den Staat. Vor allem aber werden erhöhte Gebühren für die Nutzung der Stromnetze genannt. Diese machen bereits heute fast die Hälfte der Kosten für eine Kilowattstunde Strom aus und sind in Deutschland höher als irgendwo sonst in Europa. Dennoch will E.ON, neben RWE, Vattenfall und EnBW noch aus Monopolzeiten einer der vier großen Herrscher über das deutsche Stromnetz, die Gebühren für die Netznutzung um 10 Prozent anheben – wegen der vermehrten Nutzung von Windkraftanlangen. Da das Stromnetz nur stabil ist, so lange so viel Strom eingespeist wie verbraucht wird, müsse für witterungsbedingte Schwankungen, wie sie beim Windstrom vorkämen, Regel- oder Ausgleichsenergie bereit gehalten werden.

Dieses Argument bringt die Branche der erneuerbaren Energien auf die Barrikaden. „Inzwischen sind die Prognosemodelle in der Lage, die Windstromerzeugung so genau vorherzusagen, dass der Regelenergiebedarf minimiert wird“, sagt Milan Nitzschke vom Bundesverband Erneuerbare Energien. „Trotz steigender Windstrommenge ist der Bedarf an Primärregelenergie in den letzen zwei Jahren gesunken.“ Auch Robert Werner, Geschäftsführer von Greenpeace energy, hält den E.ON-Aufschlag von 10 Prozent für absurd. Der Ökostromanbieter will seine Preise zunächst nicht anheben.

Das Bundeskartellamt ist bemüht, Klarheit bei den Netzpreisen zu schaffen. Bei ihm sind mehrere Klagen anhängig, in denen E.ON und RWE überhöhte Netzgebühren vorgeworfen werden. Bislang, so verlautete aus der Bonner Behörde, sei nicht nachzuweisen, dass Windstrom Mehraufwand für Regelenergie erfordere. „Die Verfahren laufen noch“, so eine Sprecherin gegenüber der taz.

Verbraucherschützer sowie kleine und mittlere Stromversorger, die erst durch den freien Markt in das Geschäft einsteigen konnten, setzen nun wieder auf den Staat. Der wird mit einer Regulierungsbehörde ab Juli 2004 ins Geschehen eingreifen. „Bis dahin wollen die großen Unternehmen noch ordentlich Geld verdienen“, vermutet Werner. „Außerdem können sie dann von einem höheren Niveau aus über Preise verhandeln.“ Bisher hatten die Netzeigentümer sich freiwillig verpflichtet, allen Anbietern einen fairen Zugang zum Netz zu gewähren. Ohne großen Erfolg. „Die neue Behörde muss starke Kompetenzen bekommen und vor allem die Preise für die Netznutzung transparent festlegen“, fordert der Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Ob dies tatsächlich so sein wird, ist noch völlig offen: Das novellierte Energiewirtschaftsgesetz soll helfen. Dazu wird das Bundeswirtschaftsministerium (BMWA) bis Ende des Jahres einen Entwurf vorlegen. Den darf man mit Spannung erwarten, gilt doch BMWA-Chef Wolfgang Clement (SPD) nicht gerade als Freund der kleinen Stromanbieter und der erneuerbaren Energien. KATRIN EVERS