Die Studenten und ihr schwarzer Freund

Erneut protestieren in Berlin zehntausende gegen den Abbau von Studienplätzen – und Exbürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) klatscht Beifall. Am 13. Dezember soll ein nationaler Aktionstag aller 1,9 Millionen deutschen StudentInnen stattfinden

AUS BERLIN CHRISTIAN FÜLLER

Die Studentenbewegung hat einen neuen Fan. Der ehemalige Regierende Bürgermeister Berlins, Eberhard Diepgen (CDU), setzt sich vehement für die Studierenden ein, die seit zwei Wochen gegen Hochschulabbau und Studiengebühren kämpfen. „Sturheit und mangelndes Problembewusstsein der Politik haben die Studentenrevolte von 1968 eskalieren lassen“, schreibt Diepgen, der auch schon Asta-Vorsitzender der FU Berlin war. „Wenn man nicht aufpasst, kann es durchaus noch zu Parallelen kommen.“

Am Wochenende zählten die Studis 15.000 Teilnehmer bei ihrer Berliner Demo. Die Polizei ging von 10.000 StudentInnen aus, die vor dem Roten Rathaus gegen eine neoliberale Kürzungslogik demonstrierten. Diepgen schloss sich dem inhaltlich an. „In Berlin ist es die totale Fiskalisierung“, kritisierte der CDU-Mann die Ökonomisierung der Politik durch seinen Nachfolger Klaus Wowereit (SPD). „Da wirbt man bei Studenten von außerhalb mit dem Begrüßungsgeld um den Wohnsitz Berlin“, schreibt der vom Landesparlament 2001 abgewählte CDU-Politiker im Tagesspiegel, „die Zahl der Studienplätze aber will man radikal kürzen.“

Nur in einem war sich Diepgen (Spitzname: „der blasse Eberhard“) mit Wowereit (Spitzname: „Regierender Partymeister“) einig: Die Studierenden sollten die Form wahren. Durch Streiks schürten sie nur die Vorurteile gegen „faule Studenten“.

Zu Diepgens Amtszeit war die Zahl der Studienplätze in Berlin von 115.000 auf 85.000 gesenkt worden. Die rot-rote Koalition will sie um weitere 6.000 Plätze reduzieren – obwohl es real derzeit 135.000 Studierende in Berlin gibt. Die Unis wüssten, begründete Wowereit seinen Sparkurs, „dass es noch Doppelangebote gibt, dass sie noch Sparreserven haben.“

Die Studierenden sind da ganz anderer Auffassung. Sie haben am Wochenende in Jena beschlossen, ihre Proteste zwischen München, Frankfurt, Halle, Göttingen und Berlin bundesweit zu koordinieren. Zu diesem Zweck soll es am 13. Dezember drei Demonstrationen in Berlin, Leipzig und Frankfurt am Main geben, zu denen die rund 1,9 Millionen deutschen StudentInnen aufgerufen werden. Die Woche davor dient der bundesweiten Mobilisierung. „Es hat in Jena funktioniert, Basisgruppen und organisierte Studentenvertreter zusammenzubringen“, sagte Nele Hirsch vom „freien zusammenschluss der studierendenschaften“ (fzs) zu dem Treffen an der Friedrich-Schiller-Uni mit 120 Leuten von 43 Hochschulen.

Nach Angaben von Teilnehmern ging es in Jena darum, den Protest gegen die Bildungskürzungen auszuweiten. „Die Demos am 13. Dezember sollen sich daher gegen Bildungs- und Sozialabbau wenden“, berichtete Sonja Staack vom fzs. Diese Ausweitung auf die Folgen den Agenda 2010 der Bundesregierung beinhalte zwar die Gefahr, dass man die Unterstützung bestimmter Studierender nicht gewinne. Es sei aber wichtig, den Protest in einen gesellschaftlichen Kontext zu stellen. „Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen“, beschrieb Staack das Verhältnis der Studierenden zu Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern und Rentnern.

„Wir protestieren gegen die Umdefinierung der Bildung in ein privates Gut, das mit Studiengebühren bezahlt werden muss“, sagte Staack, die in Hamburg Chemie studiert. „Schulen und Hochschulen sind für uns öffentliche Einrichtungen. Wir wollen, dass Bildung als öffentliches Gut erhalten bleibt.“