Nur einmal wackelte Bütikofers Stuhl

Lacher und Tränen begleiteten die Aufstellung der Europa-Kandidatenliste der Grünen – aber alles vor Glück

DRESDEN taz ■ Um ein Haar wäre doch noch etwas schief gegangen. Am Samstagnachmittag um halb vier stand der Grünenparteitag auf der Kippe. Die Führung war in Gefahr. Denn der Vorsitzende Reinhard Bütikofer drohte vom Stuhl zu fallen. Vor Lachen.

Was Bütikofer so amüsierte, war die Bewerbungsrede des Spitzenkandidaten für die Europawahl. Wie bei den Grünen üblich, musste Daniel Cohn-Bendit drei Fragen von Delegierten beantworten, bevor er gewählt wurde. Eine davon lautete, welche Fremdsprachen er beherrsche. Ausgerechnet er. Cohn-Bendit grinste, ging ans Rednerpult – und antwortete auf Französisch, Italienisch und Englisch. Der Saal tobte, und Bütikofer kippte fast um vor Freude. Er wusste: Schöner hätte man die Botschaft dieses Europawahlparteitags nicht inszenieren können: Die Grünen profilieren sich als einzige Partei, die Europa wirklich wichtig nimmt. Und hätte es noch eines Beweises bedurft, dass Bütikofer seine Partei im Griff hat – die Grünen lieferten ihn mit ihrer Disziplin bei der Aufstellung der Kandidatenliste. Mit Rebecca Harms steht nun eine Frau auf Platz eins, die für die Anti-AKW-Bewegung steht und die Linken begeistern kann. Mit Cohn-Bendit auf Platz zwei geht ein Mann ins Rennen, der der grünen Internationale Stimmen sammeln soll. Ein Spitzenduo, das alle glücklich macht.

Etwas komplizierter wurde es auf den hinteren Plätzen – aber längst nicht so dramatisch, wie manche befürchtet hatten. Angelika Beer, die glücklose Parteichefin, fiel zwar wie erwartet bei der Wahl für Platz drei durch. Gegen die erfahrene EU-Abgeordnete Heide Rühle hatte sie keine Chance. Aber nach einer totalen Demontage der Chefin stand den Delegierten nicht der Sinn. Beer tat, was sie tun musste, entschuldigte sich indirekt für ihre Fehler im Umgang mit Attac und stellte klar, dass sie keine Soldaten in den Irak schicken möchte. Am Ende reichte es mit Ach und Krach und knapp über 50 Prozent der Stimmen für Platz fünf. Es war für Beer eine Erlösung.

Bei ein paar anderen Personalien machten die Delegierten dann aber deutlich, dass sie sich doch noch nicht alles vorschreiben lassen. So setzte sich der Agrarexperte Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf bei der Wahl um Platz vier überraschend gegen NRW-Landeschef Frithjof Schmidt durch – und weinte vor Glück. Für Schmidt kein Beinbruch. Auf Platz acht dürfte er ebenso sicher ins EU-Parlament kommen wie Hiltrud Breyer (neun) und Cem Özdemir auf Platz sechs. LUKAS WALLRAFF