Jukebox

How I bless that little jukebox

Das ist kein Nachruf. Das ist eine Frage, weil es da einen blinden Fleck in der Musikgeschichte zu geben scheint. Aber schauen wir noch mal zurück, als die Lichter alle blinkten und man mit etwas Kleingeld sein Glück machen konnte, von dem Gene Pitney singt, If I didn’t have a dime and I didn’t take the time, to play the jukebox. O saturday night would have been a sad and lonely night for me. Doch er hatte einen Dime und die Platten drehten sich und er mit ihr und draußen der Mond und dann der Kuss, ja, und Gene Pitney ist einer, dem man gern einen Groschen spendieren würde, wenn es sie überhaupt noch gäbe, die Jukebox.

Es soll am 23. November 1889 gewesen sein, dass im Palais Royal in San Francisco von Louis Glass, dem Direktor von Pacific Phonograph Co., die erste Musikbox mit Münzeinwurf aufgestellt wurde. Womit die Jukebox-Ära beginnt, die ihre echte Boom-Zeit übrigens noch vor der Erfindung des Rock’n’Roll hatte, in den Vierzigern. Da fanden sich die Paare an der Jukebox, die im häuslichen Rückzug dann für die oben besungene neue Generation sorgten, die sich wieder das Geld aus den Hosentaschen holen ließ und dafür den Spaß bekam, wenn sich die Jukebox-Singles drehten, und das machten sie wenigstens in einigen versprengten Hinterzimmern noch bis in die Achtziger hinein.

Dass es keine Jukebox mehr gibt, liegt natürlich an der mangelnden Rendite. Wo kein Geld mehr winkt, wird auch das Angebot eingestellt, klar. Aber damit fangen die Fragen ja erst an: Wieso wollten die Menschen plötzlich keine Groschen mehr investieren? Denn immerhin handelt es sich bei der Jukebox um eine einzigartige psychosoziale Versuchsanordnung, in der via Musik Gesellschaft konstituiert wurde, und zwar von einem Einzelnen (der das Geld einwarf und damit die Wahl hatte), das aber im rollierenden System (jeder hatte die Chance). Was so durchaus plebiszitäre Züge trug, die im deutlichen Gegensatz zur Autokratie der Beschallung durch den Wirt (mit Kassettenrekorder, Radio, etc.) stehen und natürlich zur Diktatur eines DJs. Nur nahmen die ihr Handwerk flächendeckend in den Kneipen erst in den Neunzigern auf. Dazwischen liegt die Brache: Geld war da. Die Musik war okay. Selbst Singles gab es noch. Dass die Menschen in der Zeit nicht mehr für ihren persönlichen Geschmack einstehen wollten, lässt sich auch nicht sagen (siehe Punk). Alles spräche für die Jukebox. Nur gab es sie nicht mehr. Das ist der blinde Fleck. THOMAS MAUCH