Dumpfbacken mucken auf

Die Neonazi-Szene in Berlin sieht sich im Aufwind. Vor allem die Kameradschaft Baso macht von sich reden – und findet unter den Rechten viele Nachahmer. Demo-Anmeldungen reichen bis Mai 2005

VON FELIX LEE

In der Berliner Neonazi-Szene tut sich was. Manche befürchten gar: eine Menge. Und in der Tat: Spätestens seit dem Aufmarsch im brandenburgischen Halbe am vergangenen Samstag, an dem über 1.600 Neonazis vorwiegend aus der Region teilnahmen, sehen sich auch die Berliner Neonazis im Aufwind.

Vor allem die „Berliner Alternative Südost“ (Baso) ist in jüngster Zeit vermehrt in den Vordergrund gerückt. Gegründet wurde die Kameradschaft unter anderem vom ehemaligen NPD-Funktionär René Bethage, der lange Jahre der Motor des NPD-Kreisverbands Treptow-Köpenick war. Nach internen Querelen trat er im September 2003 aus, scharte eine Gruppe von 15 Jugendlichen vor allem aus Treptow um sich und tat sich mit der Kameradschaft „Deutsche Gemeinschaft Süd“ aus Rudow zusammen. Seitdem tritt die Gruppe als Baso auf.

Ihr derzeitiges Hauptanliegen ist ein „Nationales Jugendzentrum“. Dabei geben sie sich den Antlitz einer demokratischen Jugendorganisation. Sie schreiben Briefe an Politiker, treten bei Bezirksverordnetenverammlungen und Parteiveranstaltungen auf und organisieren Kundgebungen und Demos.

Doch bleibt es nicht bei diesen Mitteln: Ende 2003 besetzten sie einen Keller auf einem stillgelegten Industriegelände in Schöneweide und erklärten ihn zur „Wolfsschanze“. Die Wände beschmierten sie mit Hakenkreuzen und SS-Runen. Ihren spektakulärsten Auftritt hatten sie am 6. Dezember vor einem Jahr, als es ihnen gelang, für einen Aufmarsch über 1.000 Neonazis nach Rudow und Schöneweide zu mobilisieren. „Mittlerweile hat sich das Projekt zu einer Kampagne der gesamten Kameradschaftsszene mit wiederholten Kundgebungen und symbolischen Hausbesetzungen entwickelt“, schreibt das Antifaschistische Infoblatt. Auch bundesweit ist die Baso aktiv. Nach Recherchen des „Bürgerbündnisses Aktiv gegen Rechtsradikalismus Treptow-Köpenick“ vergeht kaum ein rechter Aufmarsch ohne Baso-Beteiligung.

Trotz vieler Machtkämpfe in der Kameradschaftsszene geht es vor allem auf die Kappe von Baso-Aktivisten, dass sich die Berliner Kameraden zunehmend als bündnisfähig erweisen – selbst mit NPD-Funktionären, mit denen sie jahrelang im Streit lagen, arbeiten sie immer stärker zusammen und organisieren gemeinsame Aufmärsche.

Auffällig auch, dass Neonazis im Umfeld der Baso immer offensiver gegen Linke vorgehen. So wurden allein an einem Tag Ende September vier junge Leute am Bahnhof Lichtenberg und vor einem Supermarkt am Bahnhof Friedrichsfelde Ost angegriffen. Die Opfer waren Jugendliche aus der linken Szene. Die Initiative „Gegen Rechtsextremismus Lichtenberg-Hohenschönhausen“ zählt allein in diesem Jahr mindestens 50 rechtsradikal motivierte Überfälle im Südosten von Berlin.

Nicht zuletzt der Aufmarsch in Lichtenberg an diesem Samstag, der den linken Silvio-Meier-Gedenkmarsch verhindern soll, zeigt, dass Berlins Neonazis immer organisierter agieren. Für den 4. Dezember plant die rechte Kameradschaft in der Köpenicker Innenstadt bereits den nächsten Aufmarsch. Und der hohe Organisierungsgrad scheint auch auf andere in der Neonazi-Szene abzufärben. Bereits jetzt schon haben die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), die Jugendorganisation der NPD, zum „60. Jahrestag der Befreiung“ einen Aufmarsch am Brandenburger Tor angemeldet. Der ist am 8. Mai 2005.