So wird Frühstück ungenießbar

betr.: „Auf Gewitter folgt Sonnenschein“ (Interview mit Klaus Wowereit), taz vom 24. 11. 03

Groß angekündigt war es ja, das Interview. Leider aber auch sehr enttäuschend: langweilig, wenig spritzig, unkritisch. Wowereit konnte hinlabern, was wir alle schon wussten. „Wir werden noch einmal alle Ausgaben kritisch überprüfen müssen.“ Wirklich alle?

Es ist ein MUSS für die taz an dieser Stelle, die jährlichen 300 Millionen Euro im Berliner Haushalt für die Geldanleger der Bankgesellschaft zu hinterfragen. In der Stadt herrscht mehr oder weniger ein Kartell des Schweigens, was die Machenschaften des größten staatlichen Bankenbetrugs Deutschlands betrifft. Die Berliner Medien machen bei diesem Schweigen mehr oder weniger mit. Würde dieser Senat noch existieren, wenn alle Hintergründe des Skandals bekannt wären? […] STEFAN EIDMANN

Mit dieser unkritischen Hofberichterstattung im Kleide eines Interviews aufzuwarten, ist einfach zu billig. Das haben die LeserInnen nicht verdient. Die taz muss ihren Redakteur/innen, in diesem Falle Robin Alexander, mehr als nur die Kost im Sale e Tabacchi für das Interview zahlen – sonst wird das Frühstück ungenießbar.

Wer derart mit kritischen Fragen spart, z. B. wie es dem regierenden Bürgermeister einer rot-roten Koalition möglich ist, Bildung in Grund und Boden zu sparen und gleichzeitig die 70.000 Zeichner von Immobilienfonds durch die Übernahme der Schulden der Berliner Bankgesellschaft mit Milliarden Renditen weiterzufüttern, der hat sich von der Aufgabe der kritischen Meinungsbildung verabschiedet.

Unglaublich, aber wahr: Die taz hat über die Jahre an Biss verloren und ist unversehens zu einer zweiten schnöden Berliner Zeitung geworden. Dass Papier nicht essbar ist, trägt zu der Bitterkeit dieses Umstandes doppelt bei: Sonst würde ich unverhohlen zurückbeißen. ROUVEN OBST

Zum Thema des „Kopftuchverbotes“, das auch im Interview mit Herrn Wowereit angesprochen wird, ergeben sich folgende Fragen: Das Kopftuchverbot wird ja gemeinhin mit kulturellen Aspekten begründet. Was nun, wenn eine Lehrerin christlichen Glaubens das Bedürfnis hat, ein Kopftuch zu tragen? Bekommen christliche Nonnen zukünftig ebenfalls Lehrverbot, und wie wird ein Kopftuch definiert? Ist ein Haarband auch schon ein Verstoß? Welche Fläche des Kopfes darf maximal mit einem Textil bedeckt sein, um die Lehrerlaubnis zu bekommen? Hätte meine gute alte Religionslehrerin von 1985 mit „Dutt“ und Haarnetz womöglich gar nicht unterrichten dürfen? PHILIPP GOTTESLEBEN

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die erscheinenden Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.