jüdische gemeinde
: Der Frust hat gewählt

Es war eine Frustwahl, mit der die Mitglieder der jüdischen Gemeinde auf die sonntägliche Wiederholungswahl der verzogenen Wahl vom September reagierten: Frust der einen, die gar nicht mehr zur Urne gegangen sind, weshalb die Wahlbeteiligung so niedrig war. Frust der anderen, die sich um ihr Wahlvotum vom letzten Mal betrogen fühlten, nachdem mit ziemlich absurden Argumenten eine Wiederholungswahl erzwungen worden war. Und weil man des Streits einfach müde war, wählte man eben den großen Sieger der Septemberwahl. Jetzt erst recht!

KOMMENTAR von PHILIPP GESSLER

Gewählt worden ist mit Albert Meyer ein dynamischer alter Hase der Gemeindepolitik, der über eine Machtbasis verfügt, wie sie selbst Übervater Heinz Galinski seligen Angedenkens nie gehabt haben mag. Dieser große Sieg ist jedoch zugleich eine Verpflichtung, die überfälligen Reformen bei Finanzen und Verwaltung der größten deutschen Gemeinde anzupacken – Ausreden, das habe die Opposition im Gemeindeparlament verhindert, gelten nicht mehr. Zugleich muss Meyer noch fast zwei Drittel der Gemeindemitglieder gewinnen: die, die ihre Stimme für andere oder gar nicht abgaben. Und vielleicht darf man nun auch noch erleben, dass Sitzungen des Parlaments mit etwas weniger Streit und ohne Chaos enden. Vor ein Uhr nachts!