patriotismus und andere gemütszustände
: This Land Is Your Land

Die Linke lässt sich durch die Union den Diskurs abnehmen: dabei hätte sie allen Grund, das heutige Deutschland zu lieben – sie hat es zivilisiert

Kein Amerikaner käme auf die Idee, sein Land so von der eigenen Person jenseitig zu halten wie viele Deutsche, in Sonderheit Linke: Ein Amerikaner kann eine noch so mächtige Aversion gegen das aktuelle politische Establishment haben, wie vorläufig noch jenes um Präsident George W. Bush – er bleibt doch Amerikaner. Wenn dir etwas nicht passt, ändere es; wenn du etwas ändern willst, dann probiere es; scheiterst du beim ersten Mal, versuch es wieder. Das war bei den Protesten gegen den Vietnamkrieg so wie auch Ende der Zwanzigerjahre, ehe der New Deal Roosevelts eingeführt wurde. Und das wird auch so sein, ehe die Neocons abgewählt werden. Amerikanische Linke halten es mit John F. Kennedy: Frag nicht, was dein Land für dich tun kann – frag besser, was du für dein Land tun kannst.

Die Mentalität, die in diesem Satz geborgen liegt, wäre auf deutsche Verhältnisse nicht übertragbar: Linke, vor allem jene, die sich den Sätzen Theodor W. Adornos verpflichtet sehen, erkennen nicht einmal an, dass man ein mitfieberndes Verhältnis zur Fußball-Nationalmannschaft haben kann. Das Nationale sei das Schlechte. Wie überhaupt richtiges Leben im falschen eine schon logisch nicht lösbare Aufgabe sei. Deutschland war bis Ende der Achtziger unter uns ein Hasswort, man sagte Bundesrepublik, weil ja die DDR nicht mitgemeint sein könne. Gäbe es ein europäisches Patriotismus-Ranking, belegte unser Land den letzten Platz: Nur Fußballfans sind emotional so einfältig, selbst an miesen Spielen wie bei der WM 82 mitzuleiden.Verschwurbelter Quatsch: Selbst in grün-alternativen Kreisen zittert man inzwischen mit deutschen Dingen im Sport. Ob bei Olympia oder beim Fußball. Und das ist auch normal so. Mehr noch: Ist es nicht einem Linken wie Willy Brandt erst durch sein kämpferisches Gefühl für ein besseres Deutschland gelungen, glaubwürdig die Ostpolitik zu verkörpern? Und sollten nicht auch Linke langsam mal damit aufhören, Deutschland für ein Nazireich unter Quarantäne zu halten?

In den Blick geriete eine Perspektive, in der Deutschland der Jetztzeit als das beste Deutschland aller Zeiten aufschiene. Mit einer unterdurchschnittlichen Rassismusquote, mit wenigen Denunzianten und einem geringen Anteil an Standesdünkel wie noch während der Weimarer Republik. Und wenn es nicht so wäre, bliebe mit Woody Guthrie festzustellen: „This Land Is Your Land“. Fühlen wir uns verantwortlich! Überlassen wir nicht den Merkels die Stichworte! Ein Land, in dem Ausländerhass verpönt ist und Frauen nicht wie in Afghanistan hausen müssen; wo Schwule und Lesben nicht einwandfrei diskriminiert werden und wo es selbst für Flüchtlinge aus anderen Kulturen (ja viel zu geringe) Sozialhilfe gibt.

Dieser Zustand ist von Linken mitgemacht: gut so!  JAF