steffen grimberg
: Die Republik der Abonnenten

Wenn Schirrmacher schon schön schweigt, so waltet sein Geist doch fort in jenen, die reden – und wenn‘s Donald-Duck-Fans sind

„Schirrmacher spricht“ sollte eigentlich über dieser Kolumne stehen. Doch der konnte nicht, Familienangelegenheiten, man versteht das. Also nicht Auftritt des in der Aufzählung im Blattkopf vierten von fünf Herausgeber-Chefredakteuren der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, des definitionsmächtigen Feuilletonisten und Garanten der FAZ-Medienseite.

Sondern: Auftritt Patrick Bahners, Verfasser wunderbarer TV-Kritiken, heute FAZ-Feuilleton-Chef. Das Thema beim Kongress „Strukturwandel der Öffentlichkeit 2.0“ (auch das ein nicht eben unehrgeiziger Titel): „Die Logik der Medien und die Würde der Politik“. Doch dieser Satz entsprang wohl noch dem Geiste Schirrmachers, Bahners hingegen muss in grauer Vorzeit mal ein Manuskript über Jürgen Habermas verlegt und just vor Kongressbeginn ganz plötzlich wiedergefunden haben.

Spätestens als der bekennende Donald-Duck-Fan „die Glaubwürdigkeit der Selbstapotheose des publizistischen Verstandes hatte zur Voraussetzung“ sagte, tauchte die Frage auf, wer eigentlich Bahners’ Texte für die FAZ übersetzt. Die Voraussetzung übrigens für die kritische Öffentlichkeit, die Bahners hier meinte, war, dass „im ganzen Volk Zeitung gelesen wird“. Dies wiederum gilt uneingeschränkt: Die Republik den AbonnentInnen! (taz-Abo gefällig? Tel. 0 30/ 25 90 25 90)

Skeptisch wurde einem erst ums Herz, als Bahners in seiner kaum einem ästhetischen Wandel unterworfenen Uniform von Kongressrednern (grauer Anzug, dezente Krawatte) zu für das eigentlich erfreulich kreative FAZ-Feuilleton doch erbärmlichen Langeweiler-Schablonen griff und über die „kaum einem ästethischen Wandel unterworfenen Uniformen von Demonstranten – lange Haare und Pullover“ räsonnierte. Und später erstaunt den Nutzen von Internet-Foren für Grassroots-Aktivisten konstatierte, die vorher offenbar überwiegend „Briefmarkensammler und Liebhaber gehäkelter Mundtücher“ nutzten (?!). Schwamm drüber.

Dafür entschädigten die hübschen körpersprachlichen Pirouetten von Grimme-Chef Bernd Gäbler, dessen Marler Institut den Kongress mit der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Land NRW ausrichtet. Gäbler nämlich traf auf Miriam Meckel, die gestern mehr Kommunikationswissenschaftlerin denn NRW-Medienstaatssekretärin war. Nächste Woche sieht man sich wieder. Dann wird Meckel in der Gesellschafterversammlung des Grimme-Instituts ganz unschuldig fragen, wie Grimme die von der NRW-Regierung geplanten Kürzungen des Etats zu überleben gedenkt. Zu derart strukturwandelndem Handeln gehört eben auch, die Dinge auseinander zu halten. Zumindest in der Öffentlichkeit.