Jetzt darf Barroso regieren

Im zweiten Anlauf bestätigt das Europäische Parlament die Mannschaft des künftigen Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso. Ein Drittel der Abgeordneten unterstützt ihn nicht

BRÜSSEL taz ■ Ein Verlegenheitskandidat, der sich als Geheimtipp entpuppt; so wurde José Barroso im Sommer gefeiert, als er seine Kommission in Brüssel vorstellte. Dieses Image ist er los. Obwohl er sich in den vergangenen Wochen alle Mühe gab, die Wertschätzung des EU-Parlaments zurückzugewinnen, stimmten gestern nur 449 Abgeordnete für seine Mannschaft. Ein Drittel der Abgeordneten stand nicht hinter ihm.

Die Motive dafür sind so vielschichtig und bunt wie die Zusammensetzung des Hohen Hauses. Der Faschist Jean-Marie Le Pen hält den wegen fundamental-katholischer Äußerungen gescheiterten italienischen Kandidaten Rocco Buttiglione für den ersten Märtyrer der laizistischen Union. Der britische EU-Gegner Nigel Farage würde jeder Kommission seine Stimme verweigern, weil Brüssel die Rechte der Hauptstädte einschränkt. Francis Wuertz, der Fraktionschef der Linken, nannte die neue Kommission einen „optischen Trick“ und erinnerte daran, dass bei der Europawahl im Juni eine absolute Mehrheit ihre Verachtung für Europa dadurch klar machte, dass sie nicht wählen ging. „Welche Botschaft haben Sie diesen Bürgern geschickt?“, fragte Wuertz Barroso.

Graham Watson, der Chef der Liberalen, empfahl seiner Fraktion zwar, dieses Mal mit Ja zu stimmen. Er verwahrte sich aber gegen Barrosos Vorwurf, am Scheitern der ursprünglichen Mannschaft schuld zu sein: „Ihnen waren die Hände nicht von uns gebunden, sondern von Rom, Den Haag und Budapest.“

Nur der konservative Fraktionschef Hans-Gert Pöttering bemühte sich, Barroso nicht noch mehr zu beschädigen. Er regte aber eine Vereinbarung an, die die Kommissare rechenschaftspflichtig gegenüber dem Parlament machen soll. Diese Resolution unterstützten 478 Abgeordnete. 182 stimmten dagegen oder enthielten sich der Stimme.

DANIELA WEINGÄRTNER

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