Ruppe, Schöpfer der Sparwildsau

Ein Münsteraner Künstler hat sieben Sparwildsäue ausgewildert, gewöhnliche Sparschweine mit Inhalt. Drei wurden mittlerweile gefunden. Die anderen stehen noch rum, den Bauch voller Geld. Will sie denn keiner haben?

Er heißt Ruppe, trägt eine hohe Stirn, plant die Übernahme des Treibstoff-Riesen BP und setzt Sparwildsäue aus. Sparwildsäue sind ganz solide Haussparschweine, denen Ruppe den Bauch mit ordentlich Kleingeld vollgeschlagen hat. „So um die 50 Euro“, sagt Ruppe. Gerade soviel, dass man „gut davon essen gehen kann.“ Das könnte der Finder tun. Bis jetzt aber wurden nur drei der sieben ausgewilderten Sparwildsäue im idyllischen Münster aufgegriffen. Die anderen stehen noch rum: in Vorgärten, an Bushaltestellen, auf Zigaretten-Automaten.

Die Idee, der die Sparwildsau entsprungen ist, nennt der Künstler eine „Bestandsaufnahme des Kapitalismus“. Mit Letzterem hat sich Ruppe Koselleck schon oft angelegt. Zum Beispiel fertigt er für jede Nation, die eine Dependance des Limo-Machers Coca Cola beheimatet, ein Kreuz aus jenen Dosen an, die zuvor die braune Suppe enthielten. Was der Betrachter daraus macht, was er erkennt, ist immer ihm selbst überlassen. Auch bei der Sparwildsau. Denn vor allem kommt es Ruppe darauf an, viele Menschen zu erreichen, sie für ihre Umgebung zu sensibilisieren. „Es gibt so viele Millionen Augen, die das Museum nicht betreten“, sagt der Künstler. Dem Design ausgesetzt seien sie aber alle.

Die Arbeiten des 1967 in Heidelberg geborenen Mannes sind stark gefärbt von den Motiven der Pop-Art, davon, Alltägliches als Kunst zu etablieren. Seine Vorliebe für die Arbeit mit Getränkedosen brachte Ruppe zeitweilig die Bezeichnung „Dosaist“ ein, Hauptwort für einen „die Dose zerschneidenden Mensch“. Das klingt alles ein bisschen verrückt. Und das ist es auch. Denn Ruppes Welt ist eine, die aus Utopien besteht. Die hält er sich wie eine Sparwildsau. Zum Beispiel jene, eingangs erwähnte, an die Spitze des BP-Konzerns zu klettern. Und zwar, in dem er den ästhetisch aufgewerteten Müll verkauft, den die Öl-Multis an den Stränden hinterlassen: bitume Brocken, hübsch verpackt in gläsernen Kästen.

Das läuft schon eine Weile. Zunächst will Ruppe aber noch zwei Säue auswildern: eine in der Bankenmetropole Frankfurt, eine in Eckernförde. Und in Münster wird der Künstler künftig wieder nächtens um die Häuser streichen, um zu prüfen, ob seine rosa glänzenden Freunde noch da sind. Und wenn nicht, dann läuft er flugs nach Hause, hockt sich hinters Telefon – und wartet. So lange, bis sich der Finder meldet und berichtet, was er mit dem Geld anfangen will. Zwei haben schon angerufen.

BORIS R. ROSENKRANZ