Frauen im Haushalt benachteiligt

Erste Studie zur Auswirkung der kommunalen Haushaltspolitik auf Männer und Frauen belegt: Die Einwohnerinnen haben tendenziell mehr unter den Einsparungen im Kölner Stadtsäckel zu leiden

Von Jürgen Schön

„Hat der Haushalt ein Geschlecht?“ fragten sich die Frauen vom Frauenforum der Lokalen Agenda 21 und untersuchten, wie sich der städtische Kölner Haushalt auf Männer und Frauen auswirkt. Exemplarisch nahmen sie sich den Bereich Volkshochschule und Stadtbibliothek im Jahre 2002 vor. Ein Jahr lang wühlten sie sich durch das Material. Am Donnerstag Abend stellten sie das Ergebnis im Nippeser „forumF“ vor. Fazit: Der in beiden Bereichen eingeleitete Sparkurs trifft vor allem Frauen.

Die nach Geschlechtern differenzierte Untersuchung der Nutzung von Stadtbücherei und VHS ist nach Angaben von Maria Grote, Vorsitzende der Arbeitsgruppe, einmalig in Deutschland. Sie erfolgte ehrenamtlich unter dem Label „Gender Mainstreaming“ als Umsetzung des Diskussionsprozesses zum Leitbild „Köln 2020“. Bei Gender Mainstreaming geht es darum, die unterschiedlichen Lebenssituationen, Interessen und Bedürfnisse von Frauen und Männern bei gesellschaftlichen Vorhaben zu berücksichtigen. Als ein langfristiges Instrument zur Steuerung der Gleichstellungspolitik dient dabei das „Gender Budgeting“, also das Aufstellen von Haushaltsplänen mit Blick auf deren Folgen für Männer und Frauen.

In den Haushaltsplänen werden die Mittel zurzeit noch pauschal an die jeweiligen Institutionen vergeben. Wie sie dort ausgegeben werden, ist in der Regel kein Thema. Die jetzt vorgelegte Nutzungsanalyse soll für die Bereiche Stadtbibliothek und VHS eine Diskussionsgrundlage sein.

„Es lagen keine ausreichenden geschlechtsspezifischen Daten vor“, bemängelte Grote die Ausgangslage. So halten zwar die Ausweise der Stadtbibliothek das Geschlecht fest, es gibt aber keine Ausdifferenzierung bei den Entleihangaben. Klar ist trotzdem: Bei den 97.500 BesucherInnen mit Bibliotheksausweis überwiegen die Frauen. Ist das Verhältnis bis zum Alter von 12 Jahren noch ausgewogen, erhöht sich der Frauenanteil kontinuierlich, bis er bei den Erwachsenen fast zwei Drittel erreicht. Ein weiteres Ergebnis: Frauen nutzen überwiegend die Stadtteilbibliotheken, Männer die Zentralbibliothek. Die eingeleitete Schließung der Stadtteilfilialen, die Einstellung der Bücherbusse und die verringerten Öffnungszeiten treffen also vor allem die Frauen, deren Lebensmittelpunkt im „Veedel“ liegt, bilanzierte Marlies Hesse, selbst Bibliothekarin.

Genauere Ausgangszahlen lagen bei der VHS vor. Auch hier stellen Frauen zwei Drittel der TeilnehmerInnen. Höher liegt ihr Anteil bei Angeboten zu Umwelt, Gesundheit, Kommunikationstechnologien, Kunst, Kultur und Medien. Geht es um Sprachen und „beschäftigungsfördernde Maßnahmen“, sinkt ihr Anteil. Da sich die VHS nach einer Neufassung des Weiterbildungsgesetzes vom Jahr 2000 künftig genau auf diese Gebiete konzentrieren soll, sind auch hier Frauen besonders von den Sparmaßnahmen betroffen. Gleiches gilt für die Schließung von VHS-Filialen in den Stadtteilen, wo der Anteil der Frauen an den Kursteilnehmern stellenweise fast 80 Prozent erreicht.

Die Bewertung der Analyse ist nun Aufgabe der Politik. Die Mitarbeiterinnen der Arbeitsgruppe hoffen, dass der Rat künftig nicht einfach Geld verteilt, sondern auch inhaltlich Schwerpunkte setzt. „Die derzeitige Sparpolitik schließt Frauen vom Zugang zu Informationen und Bildung aus“, stellt VHS-Expertin Elisabeth Stiefel fest und verweist damit auf die individuellen Folgen. Zugleich warnt sie vor den gesellschaftlichen Folgen: „Die Schließung von Stadtteilbüchereien und VHS-Filialen bedeutet eine Verödung der Stadtteile und einen Verlust an sozialen Ressourcen, die dort gerade durch Frauen und Mütter bestehen.“