Der Kanzler in China

Schröder will mit dreitägiger Reise die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Berlin und Peking verbessern

PEKING taz ■ Folgt jetzt der Massenansturm aus China? „Wir rechnen damit, dass im Laufe der Zeit jeder Chinese einmal Deutschland besucht“, sagte Kanzler Gerhard Schröder (SPD) gestern bei der Eröffnung des ersten deutsch-chinesischen Reise-Joint-Ventures in Peking, bei dem der hannoversche TUI-Konzern zu 51 Prozent beteiligt ist.

Damit setzte Schröder den Ton für einen Tag, an dem Berlin und Peking nicht weniger als elf neue Abkommen unterzeichneten. Von Wirtschaftsvereinbarungen für Volkswagen, Schwäbisch Hall und den Bau eines Windparks reichen die Abkommen über die Gründung neuer Konsulate in Chengdu und Frankfurt bis zur Verlängerung und Ausweitung des seit zwei Jahren bestehenden Rechtsdialogs. Zudem gibt es neue Verträge über die Kooperation in der Binnen- und Seeschifffahrt und die Zusammenarbeit bei erneuerbaren Energien im Verkehr. Nur Schröders Steckenpferd, der Ausbau der mit deutscher Technik betriebenen Transrapid-Magnetbahn in Schanghai, gehörte nicht zu den Programmpunkten, denn die Chancen dafür stehen derzeit eher schlecht. Der Bau weiterer Transrapid-Strecken in China ist offenbar auf Eis gelegt.

Das derzeitige Hoch in den deutsch-chinesischen Beziehungen aber wird dadurch kaum beeinträchtigt, zumal die deutschen Unternehmen in China ihre Investionen von bislang sieben Milliarden Euro nach Auskunft der Bundesregierung innerhalb von drei Jahren verdoppeln wollen. Damit wird China seinen Ruf als „Werkstatt der Welt“ weiter stärken. Volkswagen kündigte erst am Wochenende an, dass man in China gefertigte Autos innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre in insgesamt 84 Länder exportieren will.

Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden lag das deutsch-chinesische Handelsvolumen im vergangenen Jahr bei rund 35,6 Milliarden Euro. Deutschland ist damit Chinas größter Handelspartner in Europa. China wiederum ist Deutschlands größter Handelspartner in Asien.

Fünfmal war Schröder seit 1999 in China. Auf der diesjähirgen Fernostreise begleiten ihn Justizministerin Brigitte Zypries und Verkehrsminister Manfred Stolpe (beide SPD) und 38 Unternehmensvertreter. Bei den politischen Gesprächen, die Schröder gestern mit dem chinesischen Partei- und Staatschef Hu Jintao sowie Premierminister Wen Jiabao in Peking führte, standen der Atomstreit mit Nordkorea und die Lage im Irak im Vordergrund. Heute wird der Kanzler in die südchinesische Provinzhauptstadt Guangzhou weiterreisen, am Mittwoch geht es nach Chengdou im Westen des Landes. GEORG BLUME

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