Letzte Zigarette

Dem VfL Bochum droht nach der Niederlage in Mainz der Absturz. Trainer Peter Neururer schließt Rücktritt nicht aus

MAINZ taz ■ Nach dem Spiel setzte sich Peter Neuruer still auf die Trainerbank, zündete sich eine letzte Zigarette an und starrte mit leerem Blick auf das Spielfeld. So eben hatte der Bochumer Trainer hilflos mit ansehen müssen, wie sich sein Team einmal mehr seinem fußballerischen Schicksal ergab. 0:1 hieß es am Ende beim FSV Mainz 05 – und das relativ knappe Ergebnis war wahrscheinlich noch das positivste, was die Bochumer Akteure an diesem Samstag Nachmittag mit nach Hause nehmen durften. Der gescheiterte Uefa-Cup-Teilnehmer VfL Bochum befindet sich drei Spieltage vor der Winterpause weiter auf einem sicheren Abstiegsplatz, elf Punkte hinter Aufsteiger Mainz.

„Wie die Mannschaft sich in der ersten Hälfte präsentiert hat, war unter aller Sau“, griff Peter Neururer zu einer drastischen aber durchaus korrekten Beschreibung der spielerischen und kämpferischen Nicht-Leistung seines Teams. „Bei mehreren Spielen dieser Qualität werde ich Konsequenzen ziehen und den Vorstand zu einem Gespräch bitten“, schließt Neururer sogar einen eventuellen Rücktritt nicht mehr aus. In der ersten Hälfte wurde nicht eine einzige Torchance erspielt. Dass es zur Pause nur 0:1 stand, lag an Torhüter Rein van Duijnhoven, der Latte oder dem Unvermögen der Mainzer. Der Trainer schickte dabei jene Elf in das „richtungsweisende Spiel“, die am vergangenen Wochenende gegen Bayern München äußerst unglücklich verloren hatte. „Ich wollte dem Team das Vertrauen schenken“, sagte Neururer – leider blieb die Reaktion der Spieler aus.

Wie schon in den vergangenen Wochen musste das Team drei bis vier Totalausfälle mitschleppen. Angreifer Peter Madsen befindet sich seit der Krankenhaus reifen Grätsche des Dortmunders Odonkor in einer permanenten Dauerkrise, sein Hintermann auf der rechten Seite, Sören Colding, findet nicht zur Form der vergangenen Saison. Hinzu kamen am Wochenende Christoph Preuß, der die erste Halbzeit im defensiven Mittelfeld beinahe ohne Zweikampf bestritt, sowie Kapitän Dariusz Wosz und Linksaußen Filip Trojan ohne jeglichen, noch so kleinen Ansatz im Spiel nach vorne. Die beiden letzt genannten blieben zur Pause in der Kabine und wurden durch Zvjezdan Misimovic und Tommy Bechmann ersetzt. Immerhin riss sich die Mannschaft dadurch ein wenig zusammen und erspielte sich sogar zwei bis drei Torchancen – mehr aber auch nicht. „Jeder sollte seine Leistung jetzt unbedingt hinterfragen und auch offen für Kritik von Außen sein“, sagte Martin Meichelbeck, der mit seinen Abwehrkollegen zu den wenigen Konstanten im Bochumer Spiel gehörte.

Vor genau drei Jahren befand sich der Vfl Bochum in einer vergleichbaren Situation – im Niemandsland der zweiten Liga. Zwölf Punkte hinter dem damaligen Tabellenführer Mainz 05 zurück. Peter Neururer wurde verpflichtet und erweckte das Team aus seiner Lethargie. Am letzten Spieltag der Saison überholte der VfL die Mainzer und stieg statt ihrer in die Bundesliga auf. Von einem derartigen Happy-End sind Mannschaft und Trainer meilenweit entfernt. Die Zigarette auf der Mainzer Trainerbank könnte Neururers letzte als VfL-Trainer gewesen sein.

HOLGER PAULER