Ein Job ist wichtiger als eine hohe Prämie

Der Ostberliner Oberligist BFC Dynamo hilft seinen Spielern, eine reguläre Arbeit zu finden. So sollen Leistungsträger in der 4. Liga gehalten werden. Der bullige Abwehrmann Jörn Lenz hat deshalb seinen Vertrag verlängert

Fast sein ganzes erwachsenes Leben ist Jörn Lenz professionell dem Fußball nachgejagt. Jetzt macht sich der Mittdreißiger, der unter anderem bei Energie Cottbus in der 2. Bundesliga die gegnerischen Stürmer abgrätschte, Gedanken um sein Fortkommen außerhalb des Sportplatzes. ,,Der Verein hat zugesagt, mir bei meinem beruflichen Einstieg zu helfen“, begründet Lenz seine Vertragsverlängerung bei Amateur-Oberligist BFC Dynamo.

Der bullige Abwehrspieler hat bei Dynamo jene großen Zeiten miterlebt, als der Club die DDR- Szene dominierte. Bis vor wenigen Jahren strichen Fußballer seines Kalibers in der viertklassigen Amateuretage üppige Prämien und die beliebte „Benzinkostenerstattung“ als Dessert zum bürgerlichen Brotberuf ein. „Die Zeiten haben sich völlig geändert. Heute fragen die Spieler, die zu uns kommen wollen, nicht mehr nach Geld, sondern nach Jobs“, erzählt BFC-Sprecher Yiannis H. Kaufmann. Viele generöse Arbeitgeber, die Fußwerker – oftmals zum Schein – auf ihren Gehaltslisten führten, damit die Kicker ungestört ihrer quasiprofessionellen Passion frönen konnten, sind wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage abgesprungen.

Der Paradigmenwechsel in der Branche hat im Sportforum Hohenschönhausen Dirk Drabinski auf den Plan gerufen, der für Dynamo-Sponsor „Dekra“ im BFC-Wirtschaftsrat sitzt. Der Angestellte des Bildungsträgers hat ein Modell zur Steigerung der Vereinstreue von leistungsstarken Spielern entwickelt. „Im Grund genommen mache ich dasselbe wie Minister Clement“, erklärt der 40-Jährige. Nämlich Klinken putzen bei der Arbeitsagentur und Unternehmern. Dekra-Drabinski kümmert sich um Jobs für die Dynamo-Mannschaft. „Wir helfen Spielern bei der Vermittlung in eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle.“

Die Angebotspalette der Bildungsfirma reicht vom Berufskraftfahrer über Dienstleistungen im Sport- und Fitnessbereich bis hin zur Baubranche. „Zur Zeit sind fünf Spieler in Arbeit“, erklärt Drabinski. In Arbeit bedeutet noch nicht in Lohn und Brot. Dahin will er sie, in Kooperation mit der Arbeitsagentur, mittels seiner „Jobmaschine Dynamo“ erst noch bringen.

Fördern und fordern, lautet das Motto der Dekra-Dynamo-Initiative. „Der Trainer muss sich in Zukunft auch als Sozialpädagoge betätigen“, betont Drabinski. Spieler, die ihren vermittelten Job nicht mit dem gebotenen Ernst ausfüllen, müssten mit Konsequenzen rechnen. „Die Arbeitsagentur muss überzeugt werden, dass die Spieler einwandfrei vermittelt werden“, sagt der BFC-Wirtschaftsrat.

Die Nachfrage nach Jobs sei groß. Drabinski bestreitet nicht, dass das Projekt für seinen Arbeitgeber einen netten Werbeeffekt darstellt und zugleich den ambitionierten Zielen des früheren DDR-Rekordmeisters dient. Gerade hat Dynamo auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung beschlossen, sich um die Lizenz für die 3. Liga zu bewerben. Am liebsten würde BFC-Fan Drabinski „seinen“ Club eine Klasse vermitteln. „Der BFC hat höhere Gefilde im Blick. Die Dekra will in diese Richtung mitgehen.“ JÜRGEN SCHULZ