Erst die Mannschaft, dann die Liga

Der Eishockey-Trainer Klaus G. Scheerer hat nicht nur die Mannschaft des Berliner SC Preussen, sondern auch die Liga Nordost geprägt. Und jetzt mit 5:1 gegen die Blue Lions Leipzig gewonnen. Die Meisterrunde bleibt das Ziel

Der Arbeitsbereich eines Eishockey-Mannschaftsleiters ist umfangreich und beinhaltet auch schon mal das Herbeibringen eines neu geschliffenen Schlittschuhs. Den benötigte Scott Matzka vom Berliner SC Preussen dringend Anfang des zweiten Drittels gegen die Blue Lions Leipzig. Preussen-Mannschaftsleiter Klaus G. Scheerer sorgte also dafür, dass der Stürmer am Freitagabend sein optimiertes Fußwerk erhielt und dadurch ein Schlüsselspieler wurde beim 5:1 (0:0, 3:1, 2:0)-Erfolg über den Tabellenzweiten der Oberliga Nord-Ost. Ein weiterer Schritt des Ligafünften, um die Meisterrunde zu erreichen, das propagierte Ziel. Liga zwei wird rund um die Deutschlandhalle offiziell noch nicht ins Auge gefasst.

Dass es den Berliner SC Preussen gibt, der in dieser Form erst seit Mai 2004 existiert, und dass die Oberliga Nord-Ost besteht, ist zu einem ganz großem Teil Mannschaftsleiter Scheerer zu verdanken. Er kennt die Eishockey-Branche seit 30 Jahren, war selbst schon Ligenleiter und ist mit den Statuten der zuständigen Eishockey-Spielbetriebsgesellschaft (ESBG) sowie denen des Berliner Eissport-Verbandes (BEV) bestens vertraut.

Letzte Saison arbeitete Scheerer für die jetzt aufgelösten Berlin Capitals – die Preussen. Dort erlebte der hauptberufliche Beerdigungsunternehmer, wie eine überforderte Drei-Mann-Führungscrew den Club gegen die Bande donnern ließ beim Versuch, die zweite Liga anzupeilen. „Als ich bei den Caps aufgab, wusste ich, das kann’s nicht gewesen sein“, sagt Scheerer.

Im Dezember 2003 warf er das Handtuch, weil sich ein Defizit türmte, ohne dass das Führungstrio dagegenhielt. Als im März 2004 die Capitals mit rund 500.000 Euro Schulden Insolvenz anmeldeten, feilte Scheerer mit anderen Caps-Weggefährten am Aufbau einer GmbH, die mit einem anderen Verein kooperieren sollte. Die Spielbetriebs- und Vermarktungsgesellschaft Berliner Schlittschuh-Club Preussen trägt jetzt die erste Mannschaft und kooperiert mit dem in der Verbandsliga verorteten Berliner Schlittschuh-Club. Dieser besitzt eine Jugendabteilung, der für die GmbH indirekt die Voraussetzung darstellt, um am Ligenbetrieb teilnehmen zu können. Das komplizierte Vereinskonstrukt stand also, und mit dem Schlittschuh-Club haben die GmbH-Macher gleich 111 Jahre Tradition an Bord geholt. Der 1893 Verein gegründete ist mit 20 Titeln deutscher Rekordmeister, verabschiedete sich aber 1982 vom professionellen Eishockey.

Club und Tradition waren für den Neubeginn also vorhanden, fehlte die passende Liga. Da traf sich gut, dass in der ESBG über eine neu strukturierte Oberliga Nord nachgedacht wurde. Scheerer trommelte mit Unterstützung von BEV und ESBG schließlich elf Vereine zusammen, die das Abenteuer Oberliga Nord-Ost in Angriff nahmen. „So ganz optimal ist die Liga noch nicht aufgestellt“, bilanziert er, Südclubs wie Bayreuth passen nicht wirklich zum Label Nord-Ost.

Aber das ist Nebensache. Wichtig ist, dass nach den Versuchen mit Schlittschuhclub (bis 1982), BFC (82/83), BSC Preussen (83-95), Preussen Devils (95/96), Berlin Capitals (96-02), Berlin Capitals – die Preussen (02-04) jetzt der Berliner SC Preussen an der Reihe ist. Einen Betriebsunfall sollten die Charlottenburger tunlichst vermeiden, denn Scheerer will nach dieser Saison als Mannschaftsleiter abtreten.

MARCUS VOGT