der tod im katzenkillerhaus von RALF SOTSCHECK
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Manche Leute haben einen solchen Verschleiß an Katzen, dass man sich fragt, warum die überlebenden Tiere nicht türmen, bevor es zu spät ist. Jack und Annie, unsere Nachbarn, haben vier Kinder und vier Katzen – jedenfalls theoretisch. In der Praxis schwankt die Zahl der Miezen.

Die schönste war Blofeld, die so hieß, weil sie schneeweiße lange Haare hatte wie die Katze des gleichnamigen Bösewichts aus einem James-Bond-Film. Leider war sie nicht so gerissen wie der Schurke. Sie geriet unter ein Auto, und es war nicht mal der Aston Martin DB5 des Geheimagenten. Ihre Nachfolgerin hieß Smoggy. Sie war grau und konnte sich deshalb besser anschleichen als Blofeld, die sogar nachts geleuchtet hatte. Smoggy ging gern in fremden Gärten auf Mäusejagd, doch in einem dieser Gärten lebte ein Hund, der gern auf Katzenjagd ging. Er zerzauste Smoggy, die schwer verletzt in einen Dornenbusch flüchtete.

Der Hundebesitzer wollte sie retten, doch die Katze verstand das falsch und wehrte sich mit Zähnen und Klauen, bevor sie verschied. Der Hundebesitzer sah aus, als ob er bei einer Messerstecherei den Kürzeren gezogen hatte, und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Aus lauter Wut darüber ließ er seinen Hund einschläfern.

Kurz darauf lief Jack und Annie ein gestreifter Kater zu, was der schnell bereute. Sie tauften ihn Godzilla, aber das nützte ihm nichts: Statt Angst und Schrecken zu verbreiten, wie sein gewaltiger Namensvetter, wurde er von einer Infektion dahingerafft. Nur Baggy, die Originalnachbarskatze, schaffte es, an Altersschwäche einzugehen. Jedenfalls nimmt man das an. Als sie 15 Jahre alt war, verschwand sie eines Nachts für immer. Vielleicht hatte sie auch nur genug von dem Grauen.

Als Ersatz besorgten Jack und Annie ein sechs Wochen altes Kätzchen, das sie Curcuma nannten, weil es die Farbe des Gewürzes hatte. Sie hätten das Tier „Blutorange“ taufen sollen, denn es überlebte nicht mal eine Woche in dem Katzenkillerhaus. Eines Abends kam Jack von einer Hochzeitsparty angetrunken nach Hause. In der Nacht bekam er Durst, ging die Treppe hinab zur Küche und trat auf Turmeric, die am Fuß der Treppe ein Nickerchen gemacht hatte. Am nächsten Morgen wurde das nächste Opfer herbeigeschafft.

Aber Schweppes roch den Braten offenbar. Nach vier Wochen war die Katze spurlos verschwunden. Als sie auch 14 Tage später nicht wieder aufgetaucht war, buchten Jack und Annie das Tier auf der langen Liste der Verluste ab und holten eine neue Mieze. Da tauchte Schweppes plötzlich wieder auf. Nun hatten Jack und Annie fünf Katzen, doch dabei blieb es nicht sehr lange. Vor acht Tagen kehrten die Nachbarn von einem Wochenendausflug zurück und mussten entsetzt feststellen, dass die Waschmaschine ein Leck hatte. Das neue Kätzchen war ertrunken. Da waren es nur noch vier. Jack wuchtete die Waschmaschine auf die Arbeitsplatte, um das Leck zu reparieren, aber für eine solche Last war die Platte nicht stabil genug: Die Waschmaschine stürzte ab und erschlug Schweppes. Da waren es nur noch drei.

Annie will sich um Nachschub kümmern. Im Tierheim ist man aber misstrauisch geworden.