Frieden statt Destabilisierung

Friedenskonferenz des Afrika der Großen Seen endet mit gemeinsamem Bekenntnis zur regionalen Zusammenarbeit. Bericht bestätigt massive Vorwürfe von sexueller Gewalt seitens UN-Soldaten

VON DOMINIC JOHNSON

Die Länder des Afrika der Großen Seen wollen sich künftig bei der Suche nach Frieden gegenseitig unterstützen, statt sich zu destabilisieren. Zum Abschluss der „Internationalen Konferenz der Großen Seen“ in Tansanias Hauptstadt Daressalam am Samstag verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs der Region eine „Erklärung über Frieden, Sicherheit, Demokratie und Entwicklung“, in der sie geloben, „vorbehaltlos die nationalen Friedensprozesse in der Region zu unterstützen und von allen Handlungen, Erklärungen oder Haltungen Abstand zu nehmen, die sie negativ beeinflussen könnten“. Die gemeinsame Demobilisierung von Bürgerkriegsmilizen, die Eindämmung von Waffenschmuggel und „grenzüberschreitender Kriminalität“ werden ebenso versprochen wie regionale Zusammenarbeit im Wirtschafts- und Justizbereich. „Der Aufbau einer tragfähigen Zukunft für alle hängt von der Wiederherstellung vertrauensvoller zwischenstaatlicher und innerstaatlicher Beziehungen ab.“

Was wie leere Phrasen klingt, ist voller Zündstoff in einer Region, die in den letzten zehn Jahren zehn Millionen Menschenleben als direkte oder indirekte Folge unzähliger bewaffneter Konflikte zwischen und innerhalb ihren Mitgliedstaaten verloren hat und wo noch heute unzählige Konfliktherde schwelen. Elf Staaten haben unterschrieben: die Demokratische Republik Kongo, Ruanda und Burundi als Kernstaaten der Region; Uganda, Kenia und Tansania als die ostafrikanischen Nachbarn; und Sambia, Angola, Kongo-Brazzaville, die Zentralafrikanische Republik und Sudan als weitere Nachbarn des Kongo. Dessen Krieg mit Beteiligung zahlreicher Nachbarländer von 1998 bis 2003 hatte drei Millionen Tote gefordert.

Die Konferenz war nur ein erster Schritt zur Vertrauensbildung. Im Juni 2005 soll auf einer zweiten Konferenz in Kenias Hauptstadt Nairobi ein regionaler Friedensvertrag geschlossen werden.

Überschattet wurde der Konferenzabschluss von der Bestätigung weitreichender Vorwürfe sexueller Gewalt seitens des Personals der UN-Mission im Kongo (Monuc) gegen kongolesische Zivilisten. UN-Generalsekretär Annan, der die Konferenz mit einem Aufruf zum Frieden eröffnet hatte, schloss sie mit dem Eingeständnis, es gebe „klare Beweise“ für „sexuelle Ausbeutung und sexuellen Missbrauch“ von Kongolesinnen seitens militärischer und ziviler Monuc-Mitarbeiter. Er habe einen detaillierten Bericht von Monuc-Chef William Swing erhalten. „Wir können nicht ruhen, bis wir solche Vorgänge ausgemerzt haben.“

Der Bericht, der Annan vorgelegt wurde, folgt auf Vorwürfe aus der nordostkongolesischen Stadt Bunia, dem größten UN-Blauhelmstationierungsort in Kongo. Dort war im Mai berichtet worden, UN-Soldaten hätten Mädchen in Flüchtlingslagern zur Prostitution gezwungen. Nach monatelangen Untersuchungen wurden Ende Oktober zwei tunesische UN-Soldaten aus Bunia sowie ein französischer Zivilmitarbeiter der Monuc aus Goma suspendiert und repatriiert. Der Franzose ist am vergangenen Freitag in Paris der Pädophilie angeklagt worden; er soll Geschlechtsverkehr mit einer 12-Jährigen gestanden haben.

Laut unbestätigten Berichten sind diese Fälle nur die Spitze des Eisbergs. Im Ostkongo ist die UN-Mission seit Jahren verschrien: Ihre Soldaten seien nachts aktiver als tagsüber und interessierten sich vor allem für kleine Mädchen. Dies nährt die Skepsis der Menschen gegenüber internationalen Friedensbemühungen mehr als alles, was auf diplomatischer Ebene passiert. Annan kündigte die Entsendung von Sonderermittlern an, um den Vorwürfen nachzugehen.