Verrat, solide finanziert

Bei der Debatte um den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäusersind die Gegensätze unversöhnlich. Ein Blick auf die Argumente

Die Umwandlung des LBK wird auch als Versuch gewertet, die Mitbestimmung auszuhebeln

von PETER AHRENS

Entweder „solide finanziert“ oder ein „Verrat an der Stadt und den Mitarbeitern“ – wenn es um den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) geht, tun sich Welten in der Unterschiedlichkeit der Bewertung auf. Was für Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) ein Schritt zur Standortsicherung des LBK ist, werten der LBK-Personalrat, die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, das Diakonische Werk sowie SPD und GAL als Ausverkauf zu Schleuderpreisen. Die taz wirft einen Blick auf die beiden Denk- und Rechenmodelle in der Auseinandersetzung.

Es sind vier Themenbereiche, mit denen die Finanzbehörde den Verkauf in der getätigten Form an die private Asklepios-Gruppe rechtfertigt. Alle vier Punkte werden in ihrem Ergebnis von ver.di als „katastrophal“ betrachtet. Peiner nennt zunächst die „Sicherung der medizinischen Versorgung auf qualitativ hochwertigem Niveau“: Asklepios sei ein „verlässlicher und innovativer Partner“. Ver.di weist dagegen darauf hin, dass laut Vertragswerk „die Verantwortung für die medizinische Versorgung komplett an den Privatunternehmer delegiert“ werde, wie Landeschef Wolfgang Rose feststellt. Klar ist: Künftig legt Asklepios die medizinischen Standards fest. Die Stadt hat in dieser Frage so gut wie kein Mitspracherecht oder gar eine Zustimmungspflicht.

Zweitens hebt Peiner die „Sicherung und den Ausbau der betrieblichen Zukunft des LBK und seiner Arbeitsplätze zum Wohle der Beschäftigten“ hervor. „Nur ein gesundes und wachsendes Unternehmen kann auf Dauer sichere Arbeitsplätze geben“, ergänzt er. Der Personalrat spricht dagegen von meindestens 1.500 Arbeitsplätzen, die verschwinden, wenn der LBK für den Börsengang, wahrscheinlich 2006, vorbereitet wird. Tatsache ist, dass die Westdeutsche Landesbank in einem Gutachten von einem solchen geschrumpften Mitarbeiterbestand ausgeht.

Personalratschefin Katharina Ries-Heidtke weist zudem darauf hin, dass bei Asklepios zahlreiche Arbeitsverträge unter den bestehenden Tarifen lägen und die Gruppe den existierenden Konzern-Betriebsrat nicht anerkenne. Die geplante Umwandlung in eine GmbH und Co KG wird zudem auch als Versuch gewertet, die betriebliche Mitbestimmung im LBK auszuhebeln.

Drittens verweist Peiner auf den „Beitrag zur Standortentwicklung“. Dass Asklepios seinen Konzernsitz nach Hamburg verlege, wertet der Senator als Beitrag zur Politik der „Wachsenden Stadt“. Hier hat ver.di noch das wenigste entgegenzusetzen. Rose vermutet allerdings, dass durch den Verkauf der Standort eher geschwächt als gestärkt werde. So ist Asklepios verpflichtet, ein LBK-Krankenhaus zu veräußern, um seine marktbeherrschende Stellung abzuschwächen. Welches das sein wird und was mit den dortigen Beschäftigten passiert, ist unklar.

Der vierte Punkt ist der heiß umstrittene der Finanzen. Für Peiner ist der LBK-Verkauf ein „substanzieller Beitrag zur Minderung der Altlasten des LBK und zur Entlastung des Hamburger Haushaltes“. Rückendeckung erhält er dabei von LBK-Vorstandschef Heinz Lohmann, der darauf hinweist, dass der LBK von jeher „ein Sanierungsfall“ gewesen sei: Wer jetzt den Einstieg des Investors in Frage stelle, helfe dem Unternehmen nicht weiter.

Dagegen argumentiert ver.di: An den Belastungen, die Stadt und LBK seit Jahren durchschleppen, wird sich durch den Verkauf fast nichts ändern. Einziger Gewinner sei Asklepios, der den LBK beinahe zum Nulltarif erhalte. Fakt ist: Dem Investor sind auf Kahrzehnte hin sämtliche Miet- und Pachtzahlungen erlassen worden. Einen Großteil der offiziellen Kaufsumme muss er erst dann leisten, wenn der Börsengang erfolgreich angelaufen ist.