Wahlgeschenke: Stärkster Rentenanstieg seit langem

ALTERSEINKÜNFTE Zum erstem Mal seit den Neunzigern steigen die Bezüge der 20 Millionen RentnerInnen dieses Jahr nennenswert. Grund: Der Riester-Faktor wird ausgesetzt – aber 2012 wieder nachgeholt

BERLIN dpa | Nach jahrelanger Durststrecke gibt es für die rund 20 Millionen RentnerInnen erstmals wieder deutlich mehr Geld. Ihre Renten steigen zum 1. Juli und damit mitten in der Krise so stark wie seit über zehn Jahren nicht mehr: Im Westen um 2,41 Prozent, im Osten um 3,38 Prozent. Der Regelsatz für Hartz-IV-Bezieher steigt dann von monatlich 351 auf 359 Euro.

Die überdurchschnittlich hohe Anpassung im Wahljahr ergibt sich einerseits aus der Lohnentwicklung des vergangenen Jahres: Im Westen gab es 2008 ein Plus von 2,1 Prozent, im Osten von 3,1 Prozent. Hinzu kommt aber auch ein Eingriff in die Rentenformel: Die Koalition von Union und SPD hatte – das Superwahljahr im Blick – den dämpfenden Riesterfaktor für 2008 und 2009 kurzerhand ausgesetzt. Ohne diese Sonderregelung wäre die Anhebung der Renten deutlich geringer ausgefallen. 2008 stiegen die Renten einheitlich um 1,1 Prozent. Da zur Jahresmitte auch die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sinken, ergeben sich daraus für die RentnerInnen bei einer Rente von 1.000 Euro 27 Euro im Westen und 37 Euro im Osten monatlich mehr.

Bei einer Inflationsrate von derzeit unter einem Prozent bedeutet dies erstmals seit langem wieder ein echtes Plus im Geldbeutel. Angesichts der Wirtschaftskrise und der Reaktivierung des Riester-Faktors zeichnen sich für die kommenden Jahre aber schon neue Minianpassungen oder gar Nullrunden ab – zumal der ausgesetzte Riester-Faktor 2012 und 2013 nachgeholt wird.

Die Linkspartei kritisierte die Rentenerhöhung in diesem Jahr als „Wahlgeschenk mit kurzer Halbwertzeit“. Die großen Sozialverbände VdK und SoVD forderten, die „willkürlichen Rentenkürzungsfaktoren“ wie den Riester-Faktor ganz abzuschaffen. Andernfalls seien wieder Nullrunden für die Rentner zu befürchten. Auch die deutliche Erhöhung in diesem Jahr mache die Kaufkraftverluste der Rentner in den letzten fünf Jahren nicht wett.