Geprügelt, bis er sich nicht mehr wehrte

Nach dem Tod eines schwarzen Mannes, der von der Polizei geschlagen wurde, befürchtet die US-Stadt Cincinnati neue Unruhen. Der Polizeichef hält das Verhalten der Polizisten für Notwehr, Bürgerrechtler sprechen von brutaler Gewalt

aus Washington MICHAEL STRECK

Der Tod eines Schwarzen, der während seiner Verhaftung von Polizisten geschlagen wurde, schürt in der US-Stadt Cincinnati im Bundesstaat Ohio die Angst vor neuen Rassenunruhen. Bereits im April 2001 hatte es hier die schwersten Straßenschlachten seit der Ermordung des Bürgerrechtlers Martin Luther King 1968 gegeben, nachdem ein schwarzer Jugendlicher von der Polizei erschossen worden war.

Am Montag veröffentlichte Videoaufnahmen über den jüngsten Vorfall zeigen, wie Polizisten minutenlang mit Knüppeln auf einen Mann einschlugen, als er sich seiner Festnahme widersetzte. Er starb wenig später auf dem Weg ins Krankenhaus. Zuvor hatten Mitarbeiter eines Fastfood-Restaurants einen ärztlichen Notdienst gerufen, da sie einen offenbar bewusstlosen Mann gefunden hatten. Als die Sanitäter eintrafen, wehrte sich der Mann aber gegen die Untersuchung. Er ignorierte auch die Anweisung der eingetroffenen Polizisten.

Auf dem Video der im Polizeiwagen installierten Kamera ist zu sehen, wie der 41-Jährige zum Schlag gegen einen der Polizisten ausholt und einen anderen würgt. Anschließend werfen die beiden Beamten ihn zu Boden und schlagen mit Knüppeln auf ihn ein, bis er sich nicht mehr wehrt und es ihnen gelingt, dem Mann Handschellen anzulegen. Als sie ihn auf den Rücken rollen, atmet er nicht mehr. Gerichtsmediziner stellten während der Obduktion fest, dass der fast 160 Kilogramm schwere Mann ein vergrößertes Herz und Spuren von Kokain im Blut hatte.

Für Bürgerrechtler ist der Fall ein erneuter Beleg für die Brutalität der Polizei. Bürgermeister Charlie Luken erklärte dagegen, die Beamten – fünf Weiße, ein Schwarzer – hätten aus Selbstverteidigung gehandelt. Anzeichen für ein Fehlverhalten gebe es bislang nicht. Für die Dauer der Untersuchung wurden sie jedoch vom Dienst suspendiert.

Forderungen nach einer Entlassung des städtischen Polizeichefs wies Luken zurück. „Ich habe einen 400 Pfund schweren Mann gesehen, der einen Polizisten angreift und das Leben der Polizisten riskiert“, sagte er. „Nichts auf diesen Bändern zeigt, dass die Polizei etwas falsch gemacht hat.“ Dagegen erklärte der prominente schwarze Bürgerrechtler Jesse Jackson: „Polizeibeamte haben andere Möglichkeiten, Bürger ruhig zu stellen, als sie zu töten.“

Cincinnati, eine Industriestadt mit 330.000 Einwohnern und 46 Prozent schwarzer Bevölkerung, hat eine unrühmliche Geschichte gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen Afroamerikanern und der Polizei. Zuletzt erschoss ein Polizist vor zweieinhalb Jahren einen unbewaffneten 19-jährigen Schwarzen auf der Flucht. Bei den folgenden tagelangen Straßenschlachten wurden mehr als 800 Menschen festgenommen und hunderte verletzt. Der weiße Polizist, der den Jugendlichen getötet hatte, wurde später freigesprochen. Die Stadtverwaltung versprach daraufhin, den Polizisten für den Einsatz von Gewalt strengere Regeln aufzuerlegen.