Fluchtweg versperrt

27-jährige Asylbewerberin, die von ihrem Ehemann erstochen wurde, sollte statt ins Frauenhaus in andere öffentliche Unterkunft ziehen. GAL hakt beim Senat nach

Ein Gewaltverbrechen hat vergangene Woche in Hamburg Schlagzeilen gemacht: In der öffentlichen Asylbewerberunterkunft Schemmannstraße in Volksdorf tötete ein Mann seine von ihm getrennt lebende Frau mit mehreren Messerstichen vor den Augen der vier Kinder. Das Opfer besaß nur den Duldungsstatus und gehörte damit zu jener Gruppe, die Frauensenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) aus den Hamburger Frauenhäusern verbannt hat. Die Senatorinnenorder könnte der Afghanin zum Verhängnis geworden sein.

Dass sich die 27-Jährige durch ihren Mann „bedroht und verfolgt fühlt“, war dem Träger der Flüchtlingsunterkunft, „pflegen & wohnen“ (p&w), und seinen Sozialarbeitern seit Ankunft der Frau am 15. Oktober bekannt, wie p&w-Sprecher Winfried Sdun gegenüber der taz betont. Trotzdem „haben wir ihr nicht empfohlen, ins Frauenhaus zu gehen“, räumt er ein: „Wenn die Lage so ist, dass die Frauenhäuser diese Frauen nicht mehr nehmen können, dann kann man diese Empfehlung nicht mehr geben – auch wenn man sie vielleicht geben müsste.“

Stattdessen bot p&w an, die Asylbewerberin „anonym unterzubringen“. Das sieht der CDU-Senat seit diesem Jahr für geduldete Frauen vor, die bedroht werden. Gemeint ist der Umzug in ein anderes öffentliches Flüchtlingsheim, ohne dort seinen Namen anzugeben. „Wir machten der Frau verschiedene Angebote“, so Sdun, „aber sie schlug alle aus.“ So auch eine bezirkliche Unterkunft, die „wie ein normales Wohnhaus aussieht“ und darum schwerer ausfindig zu machen sei. Anders als im Frauenhaus sind die Türen aber unverriegelt und auch Männer leben dort. Selbst Sdun sagt: „Die anonyme Unterbringung ist nicht so sicher wie ein Frauenhaus.“

Darum weigern sich die Fluchtstätten auch, Frauen ohne festen Status draußen zu lassen. „Wir nehmen weiter Geduldete auf, weil es dazu noch keinen Gerichtsentscheid gibt“, so Angelika Damm von „Frauen helfen Frauen“. Der Träger der fünf Autonomen Frauenhäuser streitet vor Gericht gegen Schnieber-Jastrams Bescheid für 2004, in dem sie neben dem Ausschluss der Geduldeten auch die Schließung des 1. Hauses anordnete. Obwohl der Streit noch nicht ausgefochten ist, „kommen de facto so gut wie keine geduldeten Frauen mehr zu uns“, sagt Damm. „Und von ,pflegen & wohnen‘ kommen überhaupt keine mehr.“

„Bei ,pflegen & wohnen‘ hat man keine Ahnung von Gefahrenabschätzung“, warnt denn auch Verena Lappe von der GAL-Opposition. Lappe hat zum Tötungsdelikt in der Schemmannstraße jetzt eine kleine Anfrage an den Senat gestellt. Sie will herausfinden, ob und wie oft die Polizei vor dem Verbrechen zu der Familie gerufen wurde und ob die Ordnungshüter dort auf die Fluchtmöglichkeit Frauenhaus verwiesen. EVA WEIKERT