piwik no script img

der kommentarUkrainische Wahlverwandtschaft

Die Ukraine hat gewählt. Beobachter prangern Wahlbetrug an. Wer war da bloß Vorbild?

Ausgerechnet der zur russischen Seite neigende ukrainische Präsidentschaftskandidat Wiktor Janukowitsch hat zu bewährten amerikanischen Mitteln gegriffen, um seinen Wahlsieg zu sichern. Hinter dem Transport treuer Anhänger des Ministerpräsidenten von einem Wahllokal zum nächsten zwecks vielfacher Stimmabgabe verbirgt sich nichts anderes als die Praxis des „Vote soon and vote often“, die bei den Präsidentschaftswahlen Bush versus Kerry so erfolgreich eingesetzt wurde.

Auch Janukowitschs Gegenspieler, Wiktor Juschtschenko, machte sich im Kampf um korrekte Stimmenzählung die Lehren der amerikanischen Präsidentenwahl zu Eigen. Er verwies auf die krasse Diskrepanz zwischen dem Ergebnis der Befragungen von Wählern nach dem Urnengang und dem schließlichen Wahlergebnis. Exakt die gleiche Beobachtung stellten Wahlanalytiker im Fall des umstrittenen Bundesstaates Ohio fest, ohne dass allerdings irgendetwas daraus gefolgt wäre. Auch hier wird sich eine weitere Parallele ergeben …

Übereinstimmung besteht auch hinsichtlich der exorbitant hohen Wahlbeteiligung in einer Reihe von Stimmkreisen in der Ukraine. Allerdings hat Janutschenko hier die richtige Dosierung vernachlässigt. 97 Prozent in Wahlbezirken der östlichen Ukraine – in diesem Punkt hat die sowjetische Tradition über die amerikanische Moderne gesiegt. CHRISTIAN SEMLER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen