PRO STARTBAHN HAMBURG: AM WICHTIGSTEN SIND ARBEITSPLÄTZE
: Pankratius soll leben

Pankratius ließ sich den Kopf abschlagen. Das war angeblich im Jahr 304. Vor dem römischen Kaiser Diokletian wollte der Jüngling nicht das Christentum verraten. Auch die nach ihm benannte Gemeinde St. Pankratius bei Hamburg sieht sich in einem Grundsatzkonflikt: Ökologie oder Ökonomie. Hier aufrechte Menschen, die die Schöpfung in Ehren halten. Dort der Airbus-Konzern, der ihre Apfelplantagen betonieren und ihre Luft mit seinen Flugzeugen verpesten will. Aber ist das Leben nicht vielleicht viel leichter? Es geht um eine konkrete Entscheidung: Was ist wichtiger – ein paar hundert Apfelbäume oder ein paar hundert, vielleicht tausende Arbeitsplätze?

Die Jobs – nicht immer, nicht prinzipiell, aber hier und jetzt. Denn die Zahl der Arbeitsplätze, die ihren Beschäftigten ernähren, nimmt in Deutschland ab. Siemens, DaimlerChrysler, Karstadt, Opel – Streichen von Stellen, Verlagerung ins Ausland ist das Thema. In dieser Situation ist es ein Segen, wenn der zweitgrößte Flugzeugbauer der Welt sagt: „Jawoll, hier sind neue Arbeitsplätze. Erstmal 80, später eventuell viel mehr. Dafür wollen wir nur 589 Meter Asphalt.“

Ja, es ist ein mieser Deal. Reicht man Leuten wie EADS-Airbus den kleinen Finger, nehmen sie die ganze Hand. Es muss nicht sein, dass halbfertige Flugzeuge zwischen mehreren Orten in Europa hin- und hergeflogen werden, damit alle einen Teil von der Produktion abbekommen. Und es erscheint irrwitzig, dass immer größere Megajets 600 Leute für jeweils den Preis einer Taxifahrt gottweißwohin transportieren. Aber ist jetzt die Zeit, das zu verhindern? Nein, jetzt geht es erst einmal darum, den Durchhänger des deutschen Wirtschaftssystems und die fortschreitende Verarmung in den Griff zu kriegen.

Umweltschutz ist ein Luxusartikel. Ökologie kann man sich besser leisten, wenn man wohlhabend ist. Dann ist der Anspruch auf Rettung der Welt auch besser zu vermitteln. Und wenn der später heilig gesprochene Pankratius seinen Gewissenskonflikt etwas niedriger gehängt hätte, wäre er älter als 14 Jahre geworden. HANNES KOCH