Zwischen Airbus und Apfelbaum

Im Streit um die Landebahn-Verlängerung für das Flugzeugwerk Hamburg verkauft ein weiterer Eigentümer sein Grundstück. Nach Scheitern der Vermittlung zwischen Senat und Anwohnern schaltet sich die Kirchenleitung ein. Wilde Jobprognosen

AUS HAMBURGGERNOT KNÖDLER

Das Fähnlein der Standhaften schrumpft. Wie gestern bekannt wurde, hat einer der vier letzten Eigentümer, deren Grundstücke einer Verlängerung der Piste des Hamburger Airbus-Werks im Wege liegen, verkauft. Ein Lichtblick für den CDU-Senat, der die Obstgärten kaufen will, um dem Flugzeugwerk Perspektiven zu eröffnen und hunderte von Arbeitsplätzen zu schaffen.

Am Samstag war ein Mediationsverfahren zwischen der Kirchengemeinde des Dorfes Neuenfelde, die eines der Grundstücke besitzt, geplatzt. Jetzt will Airbus direkt mit der Kirche sprechen. Noch in dieser Woche wollen sich Vertreter der Airbus-Geschäftsführung, der Kirchengemeinde, des Kirchenkreises und der Wirtschaftsbehörde erneut zusammensetzen.

Airbus ist dabei, sein Hamburger Werk so auszubauen, dass darin der Riesen-Airbus A 380 montiert, lackiert und mit einer Inneneinrichtung versehen werden kann. Geplant war auch ein Auslieferungszentrum, in dem die Kunden ihre neuen Flugzeuge auf Herz und Nieren überprüfen können. Dieses hat Airbus jetzt in Frage gestellt: Schwerere Versionen als die A 380-Basis-Passagier-Version könnten auf der heutigen, im Zuge des Werksausbaus bereits verlängerten Piste nicht landen. Die mit dem Airbus-Standort Toulouse verabredete Arbeitsteilung, der zufolge von Hamburg Maschinen nach Europa und in den Nahen Osten ausgeliefert würden, könne somit nicht eingehalten werden.

Airbus hat deshalb eine abermalige Pistenverlängerung um 589 Meter gefordert. Diese Bahn würde wenige hundert Meter vor dem Obstbauerndorf Neuenfelde enden. Um sie bauen zu können, hat der Senat eine Reihe von Grundstücken gekauft und Häuser abreißen lassen. Eine Enteignung der übrigen Grundstücke ist vom Oberverwaltungsgericht in einem Eilverfahren vorläufig untersagt worden. Der Senat bemüht sich mit viel Hingabe, die Pistenverlängerung doch noch zu ermöglichen. Zwar sind mit dem Auslieferungszentrum direkt lediglich 100 Arbeitsplätze verbunden, ohne das Auslieferungszentrum wäre der Standort Hamburg in seinen Entwicklungsmöglichkeiten jedoch stark eingeschränkt, befürchtet der Senat. Würde das Auslieferungszentrum nicht gebaut, so hätte das eine vernichtende „Signalwirkung“, weissagte die von der Wirtschaftsbehörde beauftragte Beratungsgesellschaft Deloitte. 2.500 bis 4.000 Jobs würden nicht entstehen, weil sich Airbus und seine Zulieferer auf Toulouse konzentrierten.

Nach Angaben des Senats hat Airbus seit Beginn des A 380-Projekts in der Region mehr als 3.000 Arbeitsplätze geschaffen. Nach einer Umfrage der Hamburger Wirtschaftsförderung sind 1.943 Jobs seit 2001 bei kleinen und mittelständischen Zulieferern entstanden. Weitere 1.350 Jobs könnten dort bis 2006 geschaffen werden. Ein direkter Zusammenhang zur Produktion des A 380 oder zum Auslieferungszentrum wurde bei der Umfrage nicht hergestellt.

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