Kunstrundgang
: Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Bis 28. November, Klosterfrau Berlin GmbH, Motzener Str. 71, S-Bahn Schichauweg, Mo.–Fr. 17–19.30, Sa. von 14–17 Uhr und nach Absprache ☎ 72 00 72 09

Abenteuer Kunst: Der Weg ist weit und endet im Konferenzzentrum der Klosterfrau GmbH in Marienfelde. Kein Ort, an dem man erwartet, großartige Malerei zu finden. Und doch findet man sie hier, in einer Retrospektive mit rund hundert Arbeiten des Künstlers Bertold Haag (1912–1981). Der Geschäftsführer der Firma, Rainer G. Jahn, gehört zum Freundeskreis des Künstlers, der das Erbe betreut und dem es ein Anliegen ist, Bertold Haag wieder in die Kunstgeschichte der Nachkriegsmoderne einzuschreiben. In ihr gebührt ihm, wie Christoph Stölzl in seiner Einführungsrede zu Recht meinte, weiß Gott ein gehöriger Platz. Noch ganz jung wurde Bertold Haag in seiner Heimatstadt Mannheim von F. G. Hartlaub entdeckt. Der legendäre Direktor der dortigen Kunsthalle, der den Begriff „Neue Sachlichkeit“ prägte, zeigte 1929 erstmals Arbeiten des damals 17-Jährigen. Das Jahr 1933 bringt für Haag eine tragische Zäsur. Blut-&-Boden-Malerei war seine Sache nicht. Nur wenige frühe Arbeiten haben den Bombenkrieg überstanden. So ist die Auflösung der Figuration in die Chiffren des abstrakten Expressionismus nur fragmentarisch zu beobachten. Nach Hartlaub war es dann der große Berliner Galerist Hans Pels-Leusden, der Haag schätzte und förderte. Man versteht es sofort. Keine einzige Stelle auf seinen Leinwänden ist belanglos. Er organisierte seine Gemälde aus dem Material heraus, der Farbe, der Leinwand, dem Papier und sonstigem Abfall; er malte, schnitt aus, überklebte, fügte ein, und nach langer Arbeit stimmte dann alles. Man muss Bertold Haag noch einmal entdecken. Der Weg ist weit, aber er lohnt sich. Die KuratorInnen und GalleristInnen, ExpertInnen des Kunstbetriebs, sind also gefragt. Sie sollten allerdings eine Taschenlampe mitnehmen, denn das Licht ist für eine Malereiausstellung nicht geeignet.