Von Pferden und Harvestern

Der Berliner Stadtwald unterliegt strengen ökologischen Kriterien. Trotzdem ziehen Fällmaschinen durch die Kiefernwälder, die nach Dieselruß stinken. Waldfreunde zeigen dafür kein Verständnis

VON TORBEN IBS

Weißer Dampf tritt aus den Nüstern des Kaltblüters, als er mit einem Ruck beginnt den gefällten Baumstamm zum Weg zu zerren. Pferde statt Traktoren – so romantisch stellt sich so mancher Stadtmensch den ökologisch korrekten Umgang mit Wald und Holz vor. Aber auch die technische Variante ist schnell ausgemacht: tonnenschwere Harvester-Fällmaschinen, die sich durch den Wald schleppen und beim Vorbeifahren die Bäume fast automatisch hinter sich her ziehen. Sie sind laut, stinken nach Diesel, und am Ende bleibt eine Spur der Verwüstung zurück.

Im Berliner Wald gibt es beides: stoische Pferde und umweltverschmutzende Fällmaschinen. Beide erfüllen sie die strengen Kriterien beim ökologischen Waldbau, denen die Berliner Wälder seit 2002 unterliegen. Vor zwei Jahren wurde der Berliner Stadtwald nämlich von der deutschen Sektion des Forest-Stewardship-Councils (FSC) und vom Naturland e. V. mit den höchsten Siegeln der ökologischen Waldnutzung bedacht und hat sich damit strengen Regeln verpflichtet: kein Pestizideinsatz, Einrichtung von naturnahen Referenzflächen, also Waldflächen, die vom Menschen weitgehend unberührt bleiben, und bodenschonender Maschineneinsatz.

Allerdings sicherte sich die Berliner Forstverwaltung ein paar Ausnahmegenehmigungen, besonders bei Naturland, wo die 25.000 Hektar zertifizierter Berliner Wald nahezu 50 Prozent der bundesweit zertifizierten Fläche ausmachen.

„Wir haben ja ganz andere Anforderungen als kleinere Wälder“, begründet Lutz Wittich von den Berliner Forsten diese Regeln, die es den Förstern unter anderem erlauben, alle 20 Meter kleine Gassen in den Wald zu schlagen, um das Nutzholz herauszuholen. Eigentlich sei nur ein Abstand von 40 Metern erlaubt. Aber die Behörden hätten sich da beweglich gezeigt, sagt Wittich. Gerade bei den in Berlin vorkommenden Kiefernhölzern sei ein wirtschaftlicher Umgang mit dem Wald ohne Harvester-Einsatz sonst gar nicht möglich.

Die meisten Waldbesucher haben dafür kein Verständnis. „Mit ökologischer Waldpflege hat das gar nichts zu tun“, empört sich ein Spaziergänger, der regelmäßig den Spandauer Forst besucht. Erst vor kurzem wurde hier eine große Fläche gefällt.

Naturland e. V. hatte den Wald zertifiziert, jährlich den Waldzustand geprüft und den Einsatz dann gebilligt. Auch von den lokalen Naturschutzgruppen kommt kaum Kritik. So erklärte die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz, man habe das Thema Wald eigentlich gar nicht im Blick. Rainer Altenkamp, der zweite Vorsitzende des Naturschutzbundes Berlin (Nabu), wunderte sich nur, dass die Verbände so wenig in die Diskussion einbezogen waren und es nur wenig Informationen über Referenzflächen gegeben hat. Diese sind vom FSC und Naturland noch gar nicht bestätigt worden. Lediglich die Vorschläge seien bei den Institutionen eingegangen und werden nun geprüft.

Pferde wird es aber weiterhin im Berliner Wald geben. Denn unter Fachleuten gelten sie zum einen als besonders flexibel einsetzbar, zum anderen als sehr bodenschonend. Sie können daher vor allem in unwegsamem Gelände eingesetzt werden. Noch verfügen die Berliner über sechs dieser Vierbeiner.