Fernsehfilm pur

Auch zum 40. gibt es beim Baden-Badener Festival keine Garnelenschwänze. Schließlich geht es um Wichtigeres

„In Köln müssen die Teilnehmer weit hinaus auf die grüne Wiese fahren, um in einer Art Lagerhalle eine pompös aufgebauschte Feier zu begehen. In Baden-Baden stehen die klassischen Räume des Kurhauses zur Verfügung, die Programme werden in voller Länge gezeigt (…), und der Wein ist auch ohne begleitende Garnelenschwänze so gut, dass jedes Jahr auch hier zu viel getrunken wird“, schrieb Festival-Leiter Karl-Otto Saur vor zwei Jahren in eigener Sache. Genauer gesagt zum Unterschied zwischen dem mit einem Millionenetat gesegneten Deutschen Fernsehpreis (Köln) und dem etwas schlankeren Fernsehfilm-Festival Baden-Baden.

Das mit Wein wie Garnelenschwänzen stimmt, doch zu verstecken braucht sich das heute beginnende 40. Baden-Badener Treffen nicht. Seit 1964 – die Anfänge lagen in Frankfurt, wo die das Festival auslobende Deutsche Akademie der Darstellenden Künste ihren Sitz hatte – geht es hier um die Königsdisziplin der Kiste, das Fernsehspiel bzw. TV-Movie.

Das Programm ist im positiven Sinne immer öffentlich-rechtlich geblieben. Nein, nicht als Haus- und Hofveranstaltung von ARD und ZDF, auch dieses Jahr sind Filme von Sat.1, Pro7 und RTL nominiert. Das Festival stellt an das Fernsehen vielmehr die so schlichte wie große Frage, was es über die Gesellschaft zu erzählen weiß, offen diskutiert von einer Jury und dem allgemeinen Publikum.

Und es beteiligt endlich einmal nicht nur brancheninterne JurorInnen, sondern die, für die Fernsehen wirklich gemacht wird: Seit Sonntag und noch bis Freitag läuft der 3sat-Zuschauerpreis, bei dem alle nominierten Filme gezeigt werden (Programm, Regularien und Sendezeiten: www.3sat-zuschauerpreis.de).

Zum 40. Geburtstag kommt jetzt noch eine besondere Auszeichnung hinzu: Hans Abich holte das Festival 1989 ins Novembergrau an die Oos und war bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr so etwas wie der gute Grantler von Baden-Baden. An den Produzenten und früheren ARD-Programmdirektor erinnert fortan der Hans-Abich-Preis. Wie alle Baden-Badener Auszeichnungen bis auf den Nachwuchspreis „MFG-Star“ übrigens undotiert. Auch das ist irgendwie ziemlich öffentlich-rechtlich. STEFFEN GRIMBERG