KARSTADT: DUBIOSE VERTRETER EINES DUBIOSEN SHAREHOLDER-VALUE
: Aktionäre spielen mit dem Konkurs

Was ist passiert auf der Hauptversammlung von KarstadtQuelle? Einige Aktionäre haben Widerspruch gegen die geplante Ausgabe neuer Aktien angekündigt. Damit bedrohen sie den gesamten Sanierungsplan für den angeschlagenen Warenhauskonzern. Das ist ihr gutes Recht. Kein Anteilseigner muss klaglos schlucken, was Vorstand und Aufsichtsrat ihm servieren. Doch die Motivation der widersprechenden Aktionäre ist fragwürdig.

Da ist zum einen Rainer Johannes, früher ein Filialleiter bei der Karstadt-Tochter Sinn Leffers. Die Bekleidungskette steht auf der Verkaufsliste des Konzerns und Johannes will sie haben. Deshalb setzte er der Karstadt-Führung die Pistole auf die Brust. Nur wenn er und die Gruppe, die er vertrete, den Zuschlag erhielte, wollte er seinen Widerspruch zurückziehen. Ein solcher Erpressungsversuch ist verwerflich. Denn es geht um rund 3.600 Mitarbeiter in 50 Sinn-Leffers-Filialen – ihnen gegenüber steht der Karstadt-Konzern in der Pflicht, das Unternehmen an einen seriösen Investor abzugeben. Doch als solcher diskreditierte sich Johannes und zog nun seine Forderung zurück.

Der Verein zur Förderung der Aktionärsdemokratie, der die fünf anderen Aktionäre vertritt, hat sicher viel für die Steigerung seines Bekanntheitsgrades getan. Welches Ziel er aber mit seinem Widerspruch verfolgt, bleibt unklar. Laut Satzung will er für Einblicke in die Zusammenhänge der Kapitalmärkte sorgen. Wie verträgt sich das mit dem Zickzackkurs, den der Verein fährt? Erst wird eine mögliche Rücknahme des Widerspruches strikt abgelehnt, dann zeigt man sich zuversichtlich, dass eine Einigung erzielt wird. Das riecht nach ausgeprägtem Drang zur Selbstdarstellung, mehr nicht.

Eine Krise, in der 100.000 Angestellte in Existenznot geraten, ist nicht der richtige Zeitpunkt für Spielereien mit dem Aktienrecht. Auch die Fehler der Manager taugen nicht zur Begründung. Ein verantwortungsvoller Aktionär blickt auf das ganze Unternehmen, seine Bedeutung für die Volkswirtschaft und seine Mitarbeiter – kurzum: den Stakeholder-Value. Und der deckt sich in diesem Fall mit dem Shareholder-Value. Denn ein guter Aktionär sollte wollen, dass sein Unternehmen überlebt, wenn es überleben kann. STEPHAN KOSCH