Aus Angst vor Düsseldorf

St. Paulis Präsident Corny Littmann verteidigt vor der Jahreshauptversammlung die hohen Investitionen ins Team und will mit Trainer Gerber verlängern

Hamburg taz ■ Knapp ein Jahr leitet der Theatermacher Corny Littmann den FC St. Pauli als Präsident. Vor der heutigen Jahreshauptversammlung räumt er im Interview Vermittlungsprobleme und Interessenkonflikte ein.

taz: Was fällt Ihnen auf, wenn Sie nach knapp einjähriger Amtszeit den FC St. Pauli heute betrachten?

Corny Littmann: Es war ein stürmisches Jahr, geprägt von einer Ankunft in der Regionalliga, die keinem der Beteiligten leicht gefallen ist. Mittlerweile haben sich alle soweit berappelt, dass wir optimistisch nach vorn blicken können.

Abteilungen und Gremien des Vereins sorgen sich dennoch um die finanzielle Zukunft.

Es gibt berechtigte Fragen und berechtigte Kritik an der Vereinsführung. Fraglos ist es so, dass in den bewegten letzten zwölf Monaten alle lernen mussten, einen neuen Umgang miteinander zu pflegen. Das ist in der Retterkampagne im Sommer außerordentlich gut gelungen. Kritisch hingegen müssen wir sein, was die laufende Saison angeht. Da gibt es Kommunikationsdefizite. Insofern ist es eine JHV zum richtigen Zeitpunkt, um sich auszusprechen.

Damit dürften nicht zuletzt auch die Querelen um den sprunghaften Trainer Franz Gerber gemeint sein.

(lachend) Sprungkraft war im Fußball noch nie schlecht. Im Ernst: Es hat einen scheinbaren Konflikt gegeben, der in Wirklichkeit gar nicht die Dimension hatte, wie es nach außen erschien. Das ist geklärt und ich habe vorgestern Franz Gerber mitgeteilt, dass wir seinen Vertrag verlängern möchten. Diese sowie finanzielle Entscheidungen zugunsten des Lizenzspielerteams sind getroffen worden, weil wir glauben, dass die meisten bei uns sich nichts sehnlicher wünschen, als Profi-Fußball zu sehen und nicht wie Fortuna Düsseldorf in die Bedeutungslosigkeit abzustürzen. Das zieht auch finanzielle Entscheidungen nach sich. Auf der anderen Seite haben die Mitglieder den berechtigten Anspruch, in ihren Abteilungen über Mitgliedsbeiträge verfügen zu können.

Was derzeit nicht möglich ist, weil Teile der Abteilungsgelder zur Liquiditätssicherung gebraucht werden.

Das Problem ist mir sehr wohl bewusst. Ob es in ausreichendem Maße vermittelt worden ist, wage ich zu bezweifeln.

Ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Präsidium mit der Erfahrung einer Retterkampagne erneut finanziell überm Abgrund hängt?

Diese Einschätzung empfinde ich als eine dramatische Überbewertung. Von Abgrund kann keine Rede sein. Fragen: FOG