Zu Tisch, bitte, es ist angerichtet

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) kneift vor Ronald Schill. Sitzungen des Koalitionsausschusses ohne den Regierungschef. Schill-Bundesvorstand berät morgen über die Tisch-Manieren des Ex-Richters. Neuer Staatsrat in Bildungsbehörde ernannt

von SVEN-MICHAEL VEIT

Wenn es in Hamburgs Rechts-Regierung etwas zu klären gibt, dann künftig ohne den Chef. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) wird sich vor Sitzungen des Koalitionsausschusses drücken, Ronald Schill hingegen wird dort „offensiv“ auftreten. So stellt sich die – von der Koalition mit windelweichen Formulierungen bemäntelte – Lage faktisch da. „Der Bürgermeister kneift“, höhnt GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch, er habe gar, formuliert ihr SPD-Pendant Walter Zuckerer schneidig, „seinen Führungsanspruch endgültig aufgegeben“.

Schill beharrt darauf, „als wiedergewählter Vorsitzender des zweitgrößten Partners“ Sitz und Stimme im Ausschuss zu haben. In diesem Gremium werden Streitfälle im Bündnis aus CDU, Schill-Fraktion und FDP geklärt. Nach dem Rauswurf Schills im August – was dieser noch immer als, so wörtlich, „Schweinerei“ betrachtet – hatte Beust erklärt, mit Schill „nie wieder an einem Tisch“ sitzen zu wollen. Beusts Sprecher Christian Schnee bekräftigte gestern, des Bürgermeisters „Satz vom August gilt“. Und orakelte zugleich: „Wenn es einen Koalitionsausschuss gibt, werden wir sehen, was passiert.“

CDU-Fraktionschef Michael Freytag hatte sich gestern in einem Interview im Lokal-TV Hamburg1 minutenlang gewunden: „Erfolgreiche Politik ist nicht davon abhängig, wer an welchem Tische wie körperlich sitzt“, so der Beust-Vertraute. Der abschließenden Feststellung von Moderator Herbert Schalthoff, er verstehe das so, dass von Beust „nicht mehr am Koalitionsausschuss teilnehmen wird“, widersprach Freytag nicht.

Dafür lobte er gestern die Ernennung des neuen Schul-Staatsrates Gerd Hünerberg (siehe rechts) als „Befreiungsschlag“. Die Koalition sei jetzt wieder „in ruhigem Fahrwasser“. Die Versetzung des Kulturstaatsrates Hinnerk Behlmer in die Schulbehörde war auf Widerstand der Schill-Fraktion gestoßen, Schill selbst hatte das SPD-Mitglied als „Intriganten“ geschmäht, der seiner Senatorin Dana Horáková gegenüber „illoyal“ gewesen sei. Das sieht diese offenbar anders. In einem Brief an Beust haben Horáková und Behlmer nach taz-Informationen gemeinsam darum gebeten, weiterhin zusammenarbeiten zu dürfen.

Unentschlossen über den künftigen Kurs ist hingegen die Schill-Partei. Fraktionschef Norbert Frühauf behauptete gestern, „die Fraktion steht geschlossen gegen Rot-Grün“. Es könne keine Rede davon sein, dass Schill mit mehreren Getreuen die Fraktion verlassen und damit die Koalitionsmehrheit sprengen wolle. „So dämlich“, glaubt Frühauf, „ist niemand.“ Bausenator und Bundesparteichef Mario Mettbach sieht das offenbar anders. Der Parteivorstand will sich morgen auf seiner Sitzung in Berlin „mit dem Verhalten Schills“ beschäftigen. Gut unterrichtete Kreise raunen von möglichen „Ordnungsmaßnahmen“. Schill mag das nicht glauben: „Es ist utopisch, dass der Vorstand nach der Pfeife von Ole von Beust tanzt.“

Und schon gar nicht auf dem Koalitionstisch.