Streikende verlieren Boden unter den Füßen

30 Studenten springen in die Spree. Andere versuchen, den Arbeitgebertag zu stürmen. Polizei sprüht Pfefferspray

„Das Wasser ist so kalt wie diese Regierung“, meinte einer der 30 Studenten, die gestern Mittag bei einer Wassertemperatur von 5 Grad vom Reichstagufer in die Spree sprangen. Transparente mit Sprüchen wie „Wir proben den Untergang“ und kleine Pappsärge hatten sie gleich mit dabei. Mit der Aktion wollten sie gegen die Sparvorgaben des rot-roten Senats mobil machen.

„Nur wer sich bewegt, kann etwas bewegen“, meinte FU-Student Ben Häcker, der Organisator des Badetages. Der Wirtschaftswissenschaftler stellte seine Idee auf der Vollversammlung am Montag vor und fand sofort viele begeisterte Mitstreiter. Damit hatte er selbst nicht gerechnet: „Ich dachte, da kommen höchstens fünf Leute.“

Als sich die 30 Mutigen – die sich vorsorglich in Neopren-Anzüge gezwängt hatten – dann in die kühle Brühe warfen, unterstützten sie etwa 200 Schaulustige. Mit lauten Jubelrufen feuerten sie die Schwimmer an, die es bis zur Flussmitte schafften. Das zeigte Wirkung: Nach einer kurzen Pause am Ufer stürzten sich die meisten noch einmal hinein.

Organisator Häcker betonte, dass sich die Proteste der Studenten nicht nur gegen die Kürzungen an den Unis, sondern gegen alle Einsparungen im Sozialbereich richteten. Der Badespaß wurde von einem großen Medienecho begleitet, die Journalisten und Kamerateams drängten sich um die nassen Protestler.

Etwas spät dran war eine Gruppe von Soziologie-Studenten der FU, die mit ihrem Dozenten Klaus-Peter Pollück eigentlich ihre badenden Kommilitonen unterstützen wollten. Mit einem Tau zusammengepfercht und dem Spruch „Drängeln, bis es quietscht“ machten sie auf völlig überfüllte Seminare an ihrem Institut aufmerksam. Pollück sprach von nicht hinnehmbaren Zuständen: „Wir haben Veranstaltungen, bei denen sich 110 Studenten auf 60 Quadratmetern drängen.“

Nur wenige Straßen entfernt versuchten derweil etwa 400 bis 500 Protestler, das Maritim-Hotel zu stürmen. Dort tagte der Deutsche Arbeitgebertag, auch Bundeswirtschaftsminister Clement und der hessische Ministerpräsident Koch waren zugegen. Die Demonstranten wedelten mit Kochtöpfen und Essbesteck und hatten die Aktion mit „Essen mit Prominenten“ überschrieben. Als einige der Demonstranten versuchten, das Hotel zu stürmen, sprühte die Polizei Pfefferspray in die Menge. Es gab einige Leichtverletzte, eine Person wurde wegen Landfriedensbruchs festgenommen.

Anschließend rannten die Protestler zum Roten Rathaus, die Polizei folgte. Hier wie auch beim Gebäude der Bankgesellschaft Berlin am Alexanderplatz verhinderten die Beamten die Eroberung durch die Demonstranten. Am Samstag sind weitere Aktionen vor dem Maritim geplant, wenn dort der PDS-Landesparteitag stattfindet. Der RCDS kritisierte währenddessen, dass durch den Streik Studenten am Besuch von Lehrveranstaltungen gehindert würden. Das sei kontraproduktiv.

TORBEN TRUPKE