Liberale Marke Möllenstädt

FDP Der 31-jährige Oliver Möllenstädt wird Landesvorsitzender der Blau-Gelben: Ein junger Mann, für flotte Sprüche bekannt. Wird er der Bremer FDP Ansehen verschaffen?

VON KLAUS WOLSCHNER

Oliver Möllenstädt wird der neue Bremer FDP-Vorsitzende heißen, wenn nicht beim heutigen FDP-Parteitag noch ein überraschender Gegenkandidat antritt. Der 31-jährige Bürgerschaftsabgeordnete hat seine Kandidatur angemeldet, nachdem Uwe Woltemath als Parteivorsitzender zurückgetreten war.

Wer ist Möllenstädt? Richtig Schlagzeilen hat er gemacht, als er die Abschaffung des Gleichstellungsprinzips für Frauen forderte. Begründung: Frauen sind genug bevorzugt worden. Oder als er die Nominierung von Erika Riemer-Noltenius zur „Frau des Jahres 2009“ kritisierte.

Begründung: Sie trage Mitschuld an der Insolvenz des Beginen-Projektes. Als gesundheitspolitischer Sprecher der FDP streitet er für die Privatisierung der kommunalen Kliniken. Als Vorsitzender des Rechtsausschusses kam er in Bedrängnis, als er öffentlich Gerüchte kolportierte, dass ein Richter abends in der Kneipe Kontakte mit kriminellen Milieus pflege, über das er tagsüber urteilen muss.

„Jugend ist für sich keine Qualifikation“, sagt der 30-jährige SPD-Abgeordnete Thomas Ehmke, der es bei der SPD zum stellvertretenden Vorsitzenden gebracht hat. Neidisch ist er nicht darauf, dass man bei der FDP in diesem Alter schon den Vorsitz übernehmen kann: „Die Arbeit macht doch keinen Spaß, wenn man so anstrengende Kollegen im Nacken hat.“

„Wie soll er denn den Hühnerhaufen zusammenhalten?“, spottet Klaus Möhle von den Grünen. Die konkurrenzlose Kandidatur von Möllenstädt zeige vor allem, „dass die FDP keine Leute hat, die den liberalen Gedanken vernünftig nach vorne bringen können.“ Möllenstädt? „Den nimmt doch niemand erst.“

Der CDU-Vorsitzende Thomas Röwekamp hatte im Streit um den Bildungskonsens den Stab über der FDP gebrochen: „Was die macht, ist doch wurscht“, erklärte er, „das interessiert niemanden.“ Möllenstädt gehörte zu denen, die in einer Vorstandssitzung für den Schulkonsens gestimmt hatten, aber nach Kritik von der Basis ihre Meinung änderten und beschlossen, das Papier nicht zu unterschreiben. Der frühere FDP-Chef Woltemath war im bildungspolitischen Streit zurückgetreten – ihm war es nicht gelungen, die Mitglieder zur strukturierten Sachdiskussion mit verbindlichem Ergebnis anzuhalten. Dass Möllenstädt größere Führungsqualitäten hat, können sich diejenigen, die ihn aus der Bürgerschaft kennen, nicht vorstellen. „Wir sind jetzt um einiges schlauer“, sagt Möllenstädt selbst auf die Frage, was er als Vorsitzender anders machen wolle als Woltemath.

Bei Wikipedia findet man, was auf der Internetseite der FDP unter der Rubrik „Politischer Werdegang“ verschwiegen wird: Möllenstädt war als Jugendlicher 1994 der CDU beigetreten, mit 21 Jahren ist er dann 1999 Mitglied der FDP geworden. „Ich habe mich in der CDU als Liberaler verstanden, aber Liberale haben da keinen Platz“, sagt er heute. In der FDP machte er schnell Karriere: Er wurde 2003 in den Bundesvorstand der Julis gewählt und sitzt seit 2007 in der Bürgerschaft. 2005 war er Bremer Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, für 2009 kam er immerhin auf Platz 2 der Landesliste.

Der promovierte Wirtschaftsingenieur, der seine Doktorarbeit über „Wissensmanagement und Controlling“ schrieb, bietet im Internet als „Freelancer“ seine Arbeit an – unter dem Motto „zu 100 Prozent verfügbar für neue Projekte“. Er wolle sich perspektivisch selbständig machen, sagt er. Das dürfte sich, wenn er Bremer FDP-Vorsitzender wird, ändern – das neue Projekt heißt dann „Berufspolitiker“.