Eine Korruptionsaffäre ohne Geschädigte

Die parlamentarische Aufarbeitung der Korruptionsaffäre um den entlassenen LEG-Chef Witzel bringt keine neuen Erkenntnisse. NRW-Bauminister Michael Vesper verliest Bekanntes und verteidigt seinen Staatssekretär Morgenstern

DÜSSELDORF taz ■ Die Opposition wollte Michael Vesper stellen, früh morgens um neun. Im Ausschuss für Städtebau und Wohnungswesen und später im Plenum des Landtags sollte der grüne NRW-Bauminister Rechenschaft ablegen über die Korruptionsaffäre um den entlassenen LEG-Geschäftsführer Rainer Witzel. „Es geht um Ihre Verantwortung als Minister, das Thema gehört ins Parlament“, drohte Bernd Schulte, baupolitischer Sprecher der CDU.

An Bereitschaft zu physischer Präsenz fehlte es Michael Vesper gestern nicht: „Stellen sie mich, wo sie wollen, im Ausschuss, im Plenum oder der Cafeteria“, reagierte der Minister auf die Duellforderung des Christdemokraten. Wirklich Erhellendes darüber, was dem Land im Zuge der Ermittlungen gegen den Chef ihrer Tochterfirma blühen könnte, lieferte Vesper allerdings nicht – fast wortgetreu wiederholte er die Ausführungen seines Staatssekretärs und LEG-Aufsichtsratschef Manfred Morgenstern vom Vortag. Bei den von der Staatsanwaltschaft untersuchten Geschäften mit der Maklerfirma Immobilien Kontor seien alle regulären Verfahrensabläufe eingehalten worden, der LEG sei nach Auskunft der Innenrevision durch die möglichen Schmiergeldzahlungen kein materieller Schaden entstanden. Überhöhte Maklerprovisionen und Scheinbuchungen hätten auch nach Ansicht der Wirtschaftsprüfer von KPMG nicht dazu geführt, dass die LEG Immobilien unter Preis verkauft habe. „Die Ergebnisse waren gut bis sehr gut und haben unsere Gewinnerwartungen bei solchen Geschäften erfüllt“, so LEG-Aufsichtsratschef Morgenstern.

Die entscheidenden Fragen bleiben dennoch offen: Warum überhaupt braucht die LEG als eine der größten Immobilienfirmen Deutschlands eine externe Maklerfirma für ihre Geschäfte? Wenn bei der LEG durch geschmierte Geschäfte kein Schaden entstanden sein soll, wer ist dann der Geleimte? Das Versorgungswerk Apothekerkammer Nordrhein, deren Ex-Präsident Karl-Rudolf Mattenklotz Geschäftspartner der LEG ebenfalls im Fokus der Ermittlungen steht, hat seine internen Prüfungen noch nicht abgeschlossen. „Wir sind da nicht so schnell wie die LEG“, hieß es dort. Und: „Wir wundern uns schon, wie die möglichen Schaden schon nach einer Woche ausschließen können. Da fragt man sich schon, ob die Ergebnisse stimmen“, so ein leitender Mitarbeiter zur taz.

Auch ohne eine Klärung der offenen Fragen will die CDU Konsequenzen: Manfred Morgenstern solle als LEG-Aufsichtsratsvorsitzender ausgetauscht werden, forderte Baupolitiker Schulte: „Die Kontrolle muss an Haupt und Gliedern erneuert werden.“ Sollte es neue Erkenntnisse geben, müsse Morgenstern auch als Staatssekretär gehen.

Minister Vesper nahm seinen Untergebenen jedoch in Schutz: „Ein Aufsichtsrat ist kein Staatsanwalt“, sagte er. Es könne nicht jede Aktion einzelner Mitarbeiter kontrolliert werden. „Kein noch so ausgefeiltes Controlling ist dagegen gefeit, von Insidern mit krimineller Energie ausgehebelt zu werden“, so Vesper. Wichtig sei nun, weiteren Schaden vom Unternehmen abzuwenden – die Kündigung von Witzel sei der erste Schritt in diese Richtung gewesen.

Witzel selbst bezeichnete sich in einem Zeitungsinterview erneut als unschuldig. Er sei lediglich eine „Randfigur“, sagte er. Will die Opposition daraus pünktlich zur Landtagswahl eine veritable Staatsaffäre zimmern, muss sie auf neue Ermittlungsergebnisse hoffen. KLAUS JANSEN