hertha ohne stevens
: Entscheidung zur richtigen Zeit

Die Verwunderung war groß gestern Mittag, kurz nach High Noon, im kleinen Presseraum von Hertha. Eine knappe Hundertschaft Medienschaffender war erschienen, getrieben von fiebriger Vorfreude und der lechzenden Hoffnung auf: ein neues Ultimatum. Entweder Meister werden oder zurück nach Schalke – Verrücktes dieser Art hätte man sich bei all der Vorgeschichte mit Huub Stevens, dem Trainer, und Hertha vorstellen können. An dessen statt gab es: einen ganz gewöhnlichen Trainerrauswurf, wie ihn nun wirklich jeder Dorfverein hinkriegt. Mondän hauptstädtisch war das nicht!

KOMMENTAR VON FRANK KETTERER

Aber Spaß beiseite, schließlich ist die Lage ernst (mindestens) bis hoffnungslos (eventuell) – und der Holländer nun doch noch geflogen. Nach dem 1:6 im DFB-Pokal in Bremen sah selbst Manager Dieter Hoeneß keine Möglichkeit mehr, in seiner Nibelungentreue zu Stevens zu verharren. Bei Hertha geht es im Herbst 2003 längst um mehr als um Personalien – bei Hertha geht es mittlerweile um die nackte Existenz.

Das Verwunderliche bei all dem Niedergang: Grobe Fehler sind kaum nachweisbar. Denn erstens: Stevens ist trotz alledem auch weiterhin kein schlechter Trainer (und schon gar nicht für die Verletzung des Brasilianers Marcelinho verantwortlich, mit der all das Übel seinen Lauf nahm). Zweitens: Dass Hoeneß so lange an Stevens festgehalten hat, Ultimatum eingeschlossen, macht schon wegen Erstens Sinn. Deswegen hat der Manager auch durchaus recht, wenn er nun behauptet: „Es hätte auch gut gehen können.“

Es ist nicht gut gegangen, warum auch immer; vielleicht hat es einfach nicht sollen sein. Fest steht: Hertha und Stevens waren nie so richtig glücklich miteinander – und wären es auch nicht mehr geworden. Schon deshalb war die Trennung zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung.

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