ZU GAST IN BERLIN
: Experten aus Übersee

„Everything’s so dirty, man!“, sagt er

„Will I come in here?“, fragt jemand in der Schlange vor dem Weekend. Nach eingehender Betrachtung kommt auf diese Frage nur noch ein Hinderungsgrund in Frage: „You got money?“, fragt ihn der offiziell nur als „Begrüßer“ eingestellte Hüne an der Tür und kriegt prompt zur Antwort: „Money is the only thing I got!“

Wer so viel Sarkasmus und lebensverneinende Energie ausstrahlt, verdient ein aufmunterndes Lächeln. Beim erneuten Schlangestehen vor der Garderobe kommt man also ins Gespräch. Der 26-jährige Amerikaner hat eine ehemalige Fabrik samt großflächigem Gelände am Moritzplatz geerbt. Jetzt ist er hergeflogen, um das Objekt zu begutachten und das Erbe sogleich einem neuen Zweck zuzuführen.

Sein Begleiter, ein kleiner Japaner mit enormer Kastenbrille und einem gekonnt ausgewählten und nicht unter 500 Euro zu erstehenden, obwohl ausgewaschenen Kapuzenpulli, erzählt eine ähnliche Geschichte. Diplomatensohn, Geld geerbt, nach Berlin geflogen. „Do you have any idea?“, fragt der Amerikaner, und es dauert ein wenig, bis man begreift, dass er tatsächlich eine Idee erwartet, mit der man sein leer stehendes Gebäude wiederbeleben könnte. Mein Vorschlag wird in ein kleines rotes Büchlein notiert.

Auf der Dachterrasse schlürfen wir lässig unsere Drinks und begutachten die Stadt. Die beiden scheinen nicht beeindruckt. Ihr Blick schweift über den frisch zubetonierten Alexanderplatz, den Hackeschen Markt, das ehemalige Scheunenviertel. „Everything’s so dirty, man!“, sagt der asiatische Diplomatensohn. „It’s because of the war“, antwortet sein amerikanisches Pendant. „The wall?“, fragt die japanische Kastenbrille daraufhin. „Yeeaaaah“, kommt es gelangweilt aus dem Mund des Amis. Nun schauen beide nickend in die Nacht, still und heimlich begeistert von ihrer Konversation.

JURI STERNBURG