Adler wollen wieder flügge werden

AMERICAN FOOTBALL Die Berliner Adler versuchen, mit neuem Kader und Trainer an ihre glorreichen Zeiten anzuknüpfen

■ Berlin Adler: Der fünfmalige deutsche Football-Meister begeht in dieser Saison bereits sein 30-jähriges Jubiläum. Die letzte deutsche Meisterschaft wurde 2004 gewonnen.

■ GFL: Die German Football League spielt in einer Nord- und einer Südgruppe mit jeweils sechs Mannschaften, die ersten vier jeder Gruppe erreichen die Playoffs. Die Adler bekommen es im Norden zu tun mit den Assindia Cardinals (Essen), Dresden Monarchs, Kiel Baltic Hurricanes und dem Meister Braunschweig Lions. Die Hamburg Blue Devils treten aus wirtschaftlichen Gründen nicht an.

■ American Football: entstand Ende der 1860er-Jahre an US-Universitäten aus Rugby und Fußball. Die Offense versucht das Lederei mit Lauf- oder Passspiel in die gegnerische Endzone zu befördern, die Defense versucht das zu verhindern. Ein Touchdown bringt mit anschließendem Erhöhungskick sieben Punkte, ein mit dem Fuß erzieltes Field Goal immerhin noch drei.

Idealerweise zwei Finalteilnahmen, das hatten die Berliner Adler als Saisonziel ausgegeben. Doch nach der samstäglichen 24:31-Niederlage beim französischen Meister Paris Flash ist die Hälfte dieser Vorgabe nun bereits Makulatur. Das American-Football-Team aus der Hauptstadt ist bereits in der Vorrunde der Champions League gescheitert.

Dabei hatte die Saison so hoffnungsvoll begonnen. Nur eine Woche zuvor waren die Patriots aus Moskau mit 54:0 überrollt worden. Doch dass bei den Adlern noch nicht alles rundläuft vor dem offiziellen Einstieg in die German Football League (GFL) am kommenden Sonntag gegen die Kiel Baltic Hurricanes (15 Uhr, Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark), das war dann doch zu erwarten. Schließlich fand beim fünfmaligen deutschen Meister ein radikaler Umbruch statt: Mit dem neuen Headcoach Shuah Fatah kam nicht nur eine neue Philosophie, sondern auch ein personeller Wandel im Trainerstab und im Kader. Zehn Spieler verließen den Verein oder beendeten ihre Karriere, im Gegenzug kamen mehr als 30 neue Akteure.

Der Wechsel an der Spitze mag Risiken bergen, aber er war den Adler-Verantwortlichen nötig erschienen, obwohl der alte Cheftrainer Dogan Özdincer einige Erfolge vorzuweisen hatte. Unter Özdincer gewannen die Adler ihre bis dato letzte Meisterschaft 2004 und im vergangenen Jahr sogar erstmals einen internationalen Titel, den mit dem Uefa-Cup vergleichbaren Efaf-Cup. Doch weil man zuletzt zweimal in Folge im GFL-Halbfinale ausgeschieden war, suchte man, so Vorstandssprecher Roman Motzkus, nach „neuen Impulsen“.

Die soll nun Fatah geben. Der ist zwar erst 41 Jahre alt, hat aber bereits eine illustre Karriere hinter sich. Den guten Ruf, den sich Fatah in diesen Jahren erarbeitet hat, und nicht zuletzt seine vielfältigen Kontakte macht Motzkus vor allem für den enormen Zulauf an neuem Personal verantwortlich: „Da sagen viele, in Berlin gibt es wieder Potenzial.“

Finanziell allerdings gehören die Berliner immer noch nicht zur GFL-Spitze. Man tut sich in Konkurrenz zu Hertha, Alba und Eisbären schwer, Sponsoren zu finden. Und mit dem Etat von unter 300.000 Euro müssen auch die Jugendteams und die Cheerleader-Riege finanziert werden. Mehr als eine kleine Aufwandsentschädigung ist deshalb für die meisten Spieler nicht drin.

Anders sieht es nur aus für die Importe aus dem Mutterland des Sports. Die amerikanischen Spieler, die geholt werden, um meist die zentralen Positionen wie Quarterback und Runningback zu besetzen, sollen, wie gerüchteweise bekannt ist, bei manchem bessergestellten Verein bis zu 5.000 Euro monatlich einstreichen können.

„Bei anderen mag das drin sein“, sagt Motzkus, „bei uns nicht.“ Hier muss sich auch der zu dieser Saison neue Quarterback Ron Gant mit einem Paket begnügen, das vor allem aus freier Kost und Logis besteht – bereitgestellt von einem der Sponsoren, einem Hotel.

Mehr ist nicht drin, auch weil in der letzten Saison durchschnittlich gerade mal 1.200 Anhänger den Weg ins Jahn-Stadion fanden.

Zum Vergleich: Branchenprimus Braunschweig Lions zog über 5.500 Zuschauer an. Aber mit neuem Trainer und runderneuertem Kader hoffen die Adler nun, wenigstens einen Teil jenes Publikums reaktivieren zu können, das die NFL-Europe-Franchise Berlin Thunder noch vor zwei Jahren ins Olympiastadion lockte. Motzkus schätzt das Potenzial an echten Fans, die nicht nur wegen des Eventcharakters zu Thunder gingen, sondern vor allem Football sehen wollen, auf bis zu 3.000. „Aber wir haben Schwierigkeiten, die Leute zu erreichen“, sagt der Vereinssprecher, „weil wir kein Geld haben, das wir in Werbung investieren könnten.“ THOMAS WINKLER