Moskau hat versucht, die Wahl zu bestimmen

Wladimir Putin rudert nach verfrühten Glückwünschen für Janukowitsch zurück. Gibt es wegen der Ukraine Verstimmungen mit der EU?

MOSKAU taz ■ „Der Osten besiegt den Westen“ titelte die Iswestija am Tag nach den ukrainischen Präsidentschaftswahlen. Inzwischen sieht es nicht mehr so rosig aus für Moskaus Wunschkandidaten Wiktor Janukowitsch. Federn lassen musste indes auch Kreml-Chef Wladimir Putin.

Dass der russische Präsident seinem Kandidaten zum Wahlsieg gratulierte, bevor offizielle Ergebnisse vorlagen, sorgte im Westen für Verstimmung. Zu Besuch in Lissabon, bemühte sich Putin, das angeschlagene Image zu korrigieren. Er habe in der Tat „einem der Kandidaten nach den Erhebungen von Exit Polls zum Sieg gratuliert“, das letzte Wort habe aber die Zentrale Wahlkommission (ZIK) in Kiew.

Moskau hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Ausgang der Wahlen in seinem Sinne zu garantieren. Gleich zweimal besuchte Putin im Wahlkampf die Ukraine und versprach den Bürgern die doppelte Staatsbürgerschaft. Seit Monaten unterstützen dutzende Politberater des Kremls Wiktor Janukowitsch. Kiews Zentrale Wahlkommission wurde von den erfahrenen russischen Kollegen der ZIK darin unterwiesen, wie sich Niederlagen in Siege verwandeln lassen. Und schließlich sollen russische und ukrainische Unternehmer 300 Millionen US Dollar für die Wahlkampfkasse gespendet haben. Dass sich die Menschen jetzt öffentlich für ihre Interessen einsetzen, versuchen Moskaus gleichgeschaltete elektronische Medien und Massenblätter zu verschweigen.

Unter der Ägide Wladimir Putins durchzieht wieder ein alter Gegensatz – Russland gegen den Westen – das Denken der politischen Elite. Der Kreml-Berater Gleb Pawlowski sieht erhebliche Dissonanzen mit dem Westen: „Erkennt die EU Janukowitsch nicht als legitimen Präsidenten an, könnte dies zu direkter Konfrontation mit Russland führen“, meinte der einflussreiche Politmanipulator, den Moskau Kiew für den Wahlkampf ausgeliehen hatte. Ein schwacher und international geächteter Präsident Janukowitsch wäre aus russischer Sicht den eigenen Interessen dienlicher. Dieser hätte als Paria auf der internationalen Bühne nur in Wladimir Putin und dem Weißrussen Alexander Lukaschenko verlässliche Partner. Solange er in Kiew herrschen würde, stünde auch eine Annäherung der Ukraine an EU und Nato nicht auf der Tagesordnung. Das ist Moskaus wichtigstes Anliegen: In der Ukraine liegt der Schlüssel, um an die hegemoniale Rolle als imperiale Vormacht auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion wieder anzuknüpfen.

KLAUS HELGE DONATH