Wahlbetrug jetzt amtlich

Ukrainische Wahlkommission erklärt Regierungschef Janukowitsch offiziell zum Gewinner der Präsidentenwahl. Weiterhin demonstrieren hunderttausende für den Kandidaten der Opposition

KIEW/BRÜSSEL ap/dpa/taz ■ Die Machthaber in der Ukraine setzen auf Konfrontation. Gestern erklärte die Zentrale Wahlkommission den bisherigen Ministerpräsidenten Wiktor Janukowitsch endgültig zum Sieger der Präsidentschaftswahl. Der prorussische Regierungskandidat habe in der Stichwahl am vergangenen Sonntag knapp drei Prozentpunkte mehr bekommen als der westlich orientierte Oppositionskandidat Wiktor Juschtschenko. Nach Auszählung aller Stimmzettel seien auf Janukowitsch 49,46 Prozent der Stimmen entfallen, auf Juschtschenko dagegen 46,61 Prozent. Mit „Schande, Schande“-Rufen reagierten die Anhänger des Oppositionskandidaten auf die Nachricht. Auch gestern gingen wieder hunderttausende Ukrainer in mehreren Städten für Juschtschenko auf die Straße. Weil sich erstmals auch Gefolgsleute von Janukowitsch in Kiew sammelten, wuchs die Gefahr von Zusammenstößen. Aus dem Osten des Landes machten sich nach Medienberichten tausende Bergleute auf den Weg in die Hauptstadt, um Janukowitsch zu unterstützen. Unter Berufung auf eine Quelle im Verteidigungsministerium berichtete der Internetdienst Obozrevatel, dass noch gestern Abend Panzer nach Kiew einrücken sollten.

Die niederländische Regierung hat gestern im Namen der EU einen Sonderbeauftragten in die Ukraine geschickt. Er soll dort für Ruhe und Gewaltlosigkeit werben. Die Niederlande sind derzeit EU-Ratsvorsitzende. Die Unregelmäßigkeiten bei der Wahl sind auch heute Thema beim EU-Russland-Gipfel. Der russische Präsident Putin hatte Janukowitsch bereits am Montag zum Sieg gratuliert. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat gestern mit Putin wegen der umstrittenen Wahl telefoniert. Die gespannte Lage in Kiew solle in Übereinstimmung mit der ukrainischen Wahlgesetzgebung gelöst werden, fasste der Kreml das Gespräch zusammen.

Der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Bulgariens Außenminister Solomon Passy, hat die ukrainischen Behörden zu einer Untersuchung der Manipulationsvorwürfe aufgefordert. Die „bestätigten Verstöße“ müssten „umfassend, aktiv und zeitnah“ überprüft werden, so Passy.

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