MigrantInnen mischen politisch nicht mit

Auch im nächsten Landtag werden so gut wie keine MigrantInnen vertreten sein. Selbst bei den Grünen bewerben sich auf der Dortmunder Delegiertenkonferenz nur vier Kandidaten nicht-deutscher Herkunft auf ein Landtagsmandat

DORTMUND taz ■ Alle Parteien reden zurzeit über Integration, in ihren Reihen sind Kandidaten ausländischer Herkunft jedoch kaum vertreten. Selbst bei der Landesdelegiertenkonferenz der migrantenfreundlichen Grünen werden am kommenden Samstag in Dortmund nur vier Migranten für ein Landtagsmandat kandidieren.

Einer von ihnen ist Ali Ertan Toprak aus Recklinghausen. Der 35-jährige gebürtige Türke ist seit zehn Jahren aktives Mitglied bei den Grünen, seit September Ratsherr in seiner Stadt und will jetzt in den Landtag einziehen. Bisher habe er sich Chancen ausgerechnet, einen aussichtsreichen Listenplatz zu bekommen, sagt Toprak. Er habe gute Kontakte zu Migrantenorganisationen und würde unter den Eingebürgerten viele Wähler mobilisieren können. Der taz liegt eine Unterstützerliste vor, in deren Schreiben die Alevitische Gemeinde Deutschland, der Verband türkischer Lehrer und andere türkische und kurdische Organisationen für Toprak werben.

Doch auf der vergangenen Regionalkonferenz machten ihm Parteigenossen nicht viel Hoffnung auf ein Landtagsmandat: Die Erfahrungen mit Jamal Karsli, der wegen seiner antisemitischen Äußerungen bei den Grünen ausgeschlossen wurde, würden es schwieriger machen, einen hohen Listenplatz zu erreichen, prophezeiten ihm mehrere Delegierte. „Die können uns Migranten muslimischer Herkunft doch nicht alle in Sippenhaft nehmen“, echauffiert sich Toprak. Ein Landtagsabgeordneter, dessen Namen er nicht nennen will, hätte ihn außerdem besonders enttäuscht: Die Grünen seien doch schließlich die einzige Partei, die sich auf Migrantenfesten zeige, sei dessen Reaktion auf die Frage gewesen, ob es den Grünen nicht gut tun würde, wenn in öffentlichen Positionen mehr Migranten vertreten wären.

Michael Ortmanns, Sprecher der NRW-Grünen will solche Aussagen nicht zu ernst genommen wissen: Schließlich seien alle im Moment im Konkurrenzkampf um einen Platz im Landtag. „Die sind von anderen Motiven beeinträchtigt“, sagt Ortmanns. Eine Quote für Migranten halte auch er für wünschenswert, aber es sei nicht praktikabel: „So viele bewerben sich gar nicht dafür“, weiß er. Ortmanns ist sich sicher, dass einer der vier antretenden Migranten auf die heißbegehrten ersten 15 bis 20 Plätze kommt.

Lokman Celebi, der zweite Kandidat türkischer Herkunft für den Landtag, ist sich aus anderen Gründen wie Toprak nicht sicher, ob er es auf einen der aussichtsreichen Platz schafft: „Mir machen eher die Absprachen im Vorfeld, als Jamal Karsli Sorgen“, sagt der 25-jährige Dolmetscher und Jura-Student, der erst seit zwei Jahren Mitglied der Grünen ist und seit September im Warendorfer Kreistag sitzt.

Bei der FDP-Landesdelegiertenkonferenz, die auch am Samstag stattfindet, steht kein einziger Migrant auf der Bewerberliste für ein Landtagsmandat. „Warum das so ist, wissen wir nicht“, sagt Pressereferent Michael Geske. Auch die Volksparteien CDU und SPD, die ihre Landeslisten erst im Dezember und Februar erstellen, können bisher keine KandidatInnen nicht-deutscher Herkunft vorweisen.

NATALIE WIESMANN