Schill sieht sich umstellt von „Illoyalen“

Ex-Innensenator Schill ergeht sich in Schmähreden gegen Hamburgs CDU-Bürgermeister von Beust. Der verbale Amoklauf gefährdet den Rechtssenat der Hansestadt. Bundesvorstand der Schill-Partei berät heute über Maßnahmen gegen den Chef

aus Hamburg SVEN-MICHAEL VEIT

Ronald Schill mag es nicht glauben. „Lächerlich“ seien Spekulationen, der Bundesvorstand der Schill-Partei erwäge ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn: „Ich bin doch Ehrenvorsitzender.“ Und als solcher wird der einstige gnadenlose Richter heute in Berlin an der Sitzung des Bundesvorstandes teilnehmen.

Dort wird man sich „mit Ordnungsmaßnahmen“ gegen Schill befassen, wie Bundesparteichef Mario Mettbach ankündigte. Der Hamburger Bausenator und Zweite Bürgermeister ist, daraus macht er kein Hehl, „stinkig über Ronald“. Denn seit Schill am Wochenende erneut zum Hamburger Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten gewählt wurde, ergeht er sich in Tiraden gegen Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Im August hatte der Regierungschef seinen Koalitionspartner nach einer Erpressungsaffäre aus dem Senat geworfen. Das sei „eine Schweinerei“ gewesen und der Bürgermeister von „Intriganten“ umgeben, behauptete Schill mehrfach. Auch seine eigene Partei sei voller „Illoyaler“.

Speziell seinen Ex-Büroleiter und nunmehrigen Nachfolger als Innensenator, Dirk Nockemann, hat er im Visier. Der sei „ein guter Verwaltungsfachmann“, so Schill. Doch die Leitlinien der Hamburger Innenpolitik will er selbst bestimmen: „Herr Nockemann hat zu tun, was ich für richtig halte.“

Mit seinem verbalen Amoklauf nervt Schill selbst treueste Gefolgsleute, die seine Rückkehr als Landesvorsitzender vor einer Woche noch bejubelt hatten. Fraktionschef Norbert Frühauf bastelt bereits an der Verteidigungslinie: „Wir stehen geschlossen gegen Rot-Grün“, klammert er sich an den kleinsten gemeinsamen Nenner. Er glaube nicht, dass Schill mit seinen letzten Getreuen die Fraktion und damit die Hamburger Rechtskoalition spalten wolle. „So dämlich“, glaubt Frühauf, „ist niemand.“ Drei Gesinnungsgenossen reichen Schill, um die knappe Mehrheit im Landesparlament zu kippen.

Neuwahlen aber würden Rot-Grün wieder an die Regierung bringen. Eine gestern veröffentlichte Emnid-Umfrage sagt eine Mehrheit für SPD (35 Prozent) und Grüne (13 Prozent) voraus. Stärkste Partei würde zwar die CDU mit 40 Prozent. Die Schill-Partei aber schrammt an der 5-Prozent-Hürde entlang, und der dritte Partner FDP würde mit 3 Prozent wieder aus dem Rathaus verwiesen.

Schill scheint davon unbeeindruckt. Er verkündete fröhlich, sein Abgeordnetenmandat nur wahrzunehmen, „soweit es meine Zeit erlaubt“. Mitarbeit in parlamentarischen Ausschüssen lehnt er rundweg ab: „Das ist eines Exsenators unwürdig.“ Stattdessen wolle er „im Koalitionsausschuss ein wichtiges Wort mitreden“. Damit bringt er Ole von Beust an den Rand der Lächerlichkeit, der sich mit Schill „nie wieder an einen Tisch setzen“ wollte. Ein Regierungschef, der sich aus dem höchsten Gremium der Koalition vertreiben lässt, „gibt seinen Führungsanspruch auf“, stichelt denn auch die SPD.

Beust selbst gibt keinerlei Kommentar ab: „Wenn es eine Sitzung gibt“, orakelt sein Sprecher Christian Schnee, „werden wir sehen, was passiert.“