Auf Leben und Tod

Ist eigentlich schon wirklich jedem Fußballenthusiasten in Fleisch und Blut übergegangen, dass es das gute alte, angestammte „Absteigen“ an sich gar nicht mehr so richtig gibt? „Relegation“ ist seit dieser Saison (wieder) das Stichwort, sprich: Der Tabellen-16. darf sich erneut beweisen – in zwei Spielen gegen den Dritten der Zweiten Bundesliga, der sich wiederum in diesen Spielen beweisen muss. Bereits zwischen den Spielzeiten 1981/82 und 1990/91 gab es dieses Kuriosum. Identisch verhält es sich mit dem Übergang zwischen Liga zwei und der vom DFB so oft als Erfolgsmodell gelobten „Dritten Liga“.

„Wir haben die Termine bewusst direkt vor und nach dem Finale des DFB-Pokals am 30. Mai angesetzt, um den Spannungsbogen zu verlängern“, so DFL-Spielbetriebsgeschäftsführer Holger Hieronymus. Besser noch: „Die Relegationsspiele haben in der Vergangenheit eigentlich immer für große Spannung und Dramatik gesorgt. Diesen zusätzlichen Spannungsfaktor wollen wir künftig einfach wieder nutzen, um die Bundesliga und Zweite Bundesliga noch interessanter zu machen.“ Der eine mag hier einen Mangel an Überzeugung vom eigenen Produkt attestieren, der andere das Ergebnis der Suche nach einer neuen TV-Einnahmequelle erkennen – so zufrieden man mit dem Konzept in der Buchhaltung sein mag, die Meinungen gehen auseinander.

„Ich habe bis heute nicht verstanden, weshalb Freiburg und wir als einzige Zweitligaklubs dagegen gestimmt haben“, so Mainz-05-Manager Christian Heidel. Bayerns Zirkusleiter Karl-Heinz Rummenigge hingegen ist – da unmittelbar betroffen – begeistert: „Wenn es um Leben und Tod geht, erhöht das die Spannung.“

Auf ganz oberster Ebene birgt die neue alte Relegation sogar Gefahren: Der ewig so besorgt wirkende Bundestrainer Joachim Löw wird trotz seiner neuen werblichen Tätigkeit für Pflegeartikel so einige Sorgenfalten bekommen und vielleicht wirklich selbst zum einen oder anderen Schmiermittel gegen Hautalterung greifen: Würde sich das in niederen Tabellenregionen sein Unwesen treibende Hannover 96 mit Torwart Robert Enke nachdrücklich für ebenjene Relegationsspiele empfehlen, stünde kein einziger seiner Handschuhträger für die geplante Asienreise zur Verfügung – Leverkusens überschätzter René Adler und Bremens Kastenproll Tim Wiese stehen sich zum selben Zeitpunkt im DFB-Pokalfinale gegenüber. Zumindest die Schalke-Fans wären glücklich – Manuel Neuer wartet?DAVID DIGILI