Jukebox * Der musikalische Aszendent

Man soll ruhig mal mehr in Deutsch singen

Von der Quote war schon länger nichts mehr zu hören, also dieser Gartenzwergdebatte im Vorgarten deutscher Befindlichkeiten, die gern der Mehrheit (der im Land produzierenden Musikschaffenden) im Radio alle Sonderrechte einer Minderheit einräumen möchte. Dass es im Äther wieder deutscher klinge.

Wobei ich gegen so eine Quote gar nichts einzuwenden hätte. Wenn sie strikt internationalistisch gewendet wäre. Weil das wirklich ein Spaß wäre, wenn alle Sender dazu verpflichtet würden, pro Sendung mindestens ein Lied zu spielen, in dem wenigstens längere Textstrecken in Deutsch kommen. Von Musikern allerdings mit einer Außenperspektive. Eine Top Five als Typologie:

1.) „Example # 22“ von Laurie Anderson, auf „Big Sciene“. Mit einer Testbildstimme, die erklärt „Beispiele paranormaler Tonbandstimmen. Was sind paranormale Tonbandstimmen? Es sind Stimmen unbekannter Herkunft“. Hier klingt noch Deutsch als Wissenschaftssprache durch. Andere Vergangenheit. K.-u.-K-gefärbt, wenn da einer in weichem mährischem Tonfall von einem Offizier singt, der sagt, es sei so weit, „die Maus zog um in die Katze, und wir gehen zu der Wand“. Begleitet von einem Mädchenchor, bei 2.) „Der Offizier“ von Ser Un Peyjalero aus Tschechien, auf „Joint is better than panzerfaust“. Deutsch als Sprache der Erinnerung an das Fremde. Und Deutsch als Paranoia. Urban Angst. „Ich hasse meine Nachbarin, ich hasse Arbeit auch, alles ist dieselbe, dieselbe jeden Tag, here it comes …“ 3.) Tuxedo Moon mit einer spitzen Electropunkversion von „19th Nervous Breakdown“ der Stones. Und 4.) Marquis de Sade mit „Conrad Veidt“ auf „Dantzig Twist“: „Todesangst und Todesraserei erfüllte die Stadt, so geh an meinen Kreuzweg und ruf ihn an dreimal“, und dann lassen sie den Schauspieler zu exaltierter Wave weiter in Französisch tanzen. Deutsch: die Dunkelkammer des Expressionismus und der zermarterten Seele, und damit ist es nicht mehr weit zur zermarterten Welt, mit Deutsch als Sprache der marschierenden Stiefel: 5.) Laibach aus Slowenien. Singen gern in Deutsch. Ihr Hit: Der Queen-Hit „One Vision“, den sie in Stahlgewittern zur „Geburt einer Nation“ auf „Opus Dei“ geformt haben. Stadionrock, mit Fanfaren zur Kenntlichkeit gebracht: „Ein Fleisch, ein Blut, ein wahrer Glaube. Ein Ruf, ein Traum, ein starker Wille. Gebt mir ein Leitbild!“

Und das ist es doch wohl, worum es bei der Quotendiskussion wirklich geht. THOMAS MAUCH